Legitime Lügen

Kommentar zum Entscheid des Bundesrates, gegen Moritz Leuenberger keine Strafuntersuchung zuzulassen.

Von Peter Hossli

In einem Interview über das Lügen in der Politik sagte ein Politiker die Wahrheit – und sorgte damit weitherum für Unmut. Alt Bundesrat Moritz Leuenberger erzählte der «NZZ am Sonntag», die Schweiz habe in seiner Amtszeit Lösegelder bezahlt, um Geiseln zu befreien. Der Aufschrei war gross, Amtsgeheimnisverletzung lautete der Vorwurf. Jetzt hat der Bundesrat eine Strafuntersuchung verhindert, weil sie «nicht mit den Interessen des Landes vereinbar» sei. Was heisst: Leuenberger plauderte zwar ein Geheimnis aus und sagte dabei die Wahrheit. Aber die Bundesanwaltschaft soll das nicht abklären, denn sie könnte es ja beweisen. Womit der Bundesrat für sich beansprucht, was Leuenberger wirklich sagen wollte: Notlügen sind legitim.