Der Mischler vom Zürichberg

Kunsthändler Urs E. Schwarzenbach setzt Milliarden um. Er umgeht Steuern in Millionenhöhe, unterhält ein Netz von Briefkastenfirmen, bezieht Geld von einem Sultan und lässt sogar den Zoll kapitulieren.

Von Peter Hossli (Text) und Pascal Mora (Foto)

Der spektakulärste Kunstfall der Schweiz steckt fest in einer Lagerhalle in Dielsdorf. Dutzende Werke liegen in der Zürcher Vorortsgemeinde in Holzkisten oder sind eingehüllt in Papier, das sie vor Ungeziefer schützt. Monatlich Tausende von Franken kostet es, die Gemälde und Skulpturen zu versichern und zu lagern, in der leisen Hoffnung, sie gingen irgendwann vergessen.

Dabei haben sie einen vom Bundesgericht festgelegten Zweck: Sie müssten verwertet, also verkauft werden, damit mit dem Erlös eine Steuerschuld plus Zinsen von 13,2 Millionen Franken getilgt werden kann. Die Behörde aber, in deren Obhut die Ware liegt, unternimmt – nichts. Die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) scheut sich, sie zu veräussern.

Nie zuvor hat die EZV mehr abgeklärt, mehr nachgeforscht, teurer prozessiert – und doch wenig erreicht. Nach einem langen Marsch durch Anwaltskanzleien und Gerichte geht es auf der letzten Meile nicht mehr vorwärts.

Was einiges mit dem Besitzer dieser Kunst zu tun hat. Die gepfändeten Werke gehören dem Zürcher Financier Urs E. Schwarzenbach. Fürchtet sich die EZV vor dem illustren Eigentümer des Hotels The Grand Dolder? Auf wen geht sie jetzt stattdessen los? Und mit welchen Tricks und Kniffs versuchen Kunsthändler, Preise zu treiben und Millionen von Steuern zu sparen? Eine Geschichte in sechs Kapiteln.

1. Der eingeschüchterte Zoll

Meister der modernen und zeitgenössischen Kunst haben die in Dielsdorf eingelagerten Werke geschaffen. Picasso, Richter, Chagall. Ihr Gesamtwert liegt bei über 100 Millionen Franken. Das wäre genug, um ein Urteil des Bundesgerichts vom 20. April 2020 zu vollstrecken. Die Richter entschieden damals abschliessend, Urs E. Schwarzenbach müsse die Mehrwertsteuer bezahlen, die bei der Einfuhr seiner Kunstwerke angefallen sei: 10815759 Franken plus 2421489 Franken Zinsen.

Der 72-Jährige, der in feinen Tüchern auftritt, in Herrliberg ein Gestüt unterhält und laut eigenen Aussagen Milliardär ist, weigert sich partout zu bezahlen. «Asset rich, but cash poor», sei er – vermögend, aber nicht liquid.

Unangenehm werden könnte das jetzt für eine Geschäftspartnerin Schwarzenbachs. Der Zoll hat die Galerie Gmurzynska ins Visier genommen. Sie ist domiziliert in Zug, mit einem Ableger am Zürcher Paradeplatz. Die angesehene Galerie rückt ins Zentrum der jüngsten Runde im endlosen Streit zwischen Schwarzenbach und Zollverwaltung.

Gmurzynska ist am 19. Januar 2021 von der EZV zu einer Zahlung von 9 Millionen Franken verpflichtet worden. Weil sie zwischen 2008 und 2013 für Schwarzenbach achtzig Kunstwerke einführte. Gmurzynska wird vorgeworfen, sie habe simulierte Kommissionsverträge aufgesetzt, um für Schwarzenbach Steuern zu vermeiden, statt die Kunst zu verkaufen. «Dieser Vorwurf ist absurd», wehrt sich Gmurzynska-Geschäftsführer Mathias Rastorfer. «Der Verkauf von Kunst ist unser Geschäft.»

Der Kunstfall ist juristisch ein Ungetüm. Er füllt mehrere zehntausend Seiten Akten, die in Hunderten von Bundesordnern abgelegt sind und über 60 Meter Platz auf Gestellen beanspruchen: das Resultat von neun Jahren detektivischer Kleinarbeit. Zeitweise waren ein halbes Dutzend Ermittler des Zolls damit beschäftigt. Zu jedem Kunstwerk hat die EZV mehrhundertseitige Dokumentationen erstellt zu den Fragen: Wie bewegte sich welches Werk wohin, und wem gehörte es wann?

Die Kosten sind aus dem Ruder geraten. Die Frage, ob es ein Kostenverzeichnis gebe, beantwortet die EZV ausweichend: «Die Kosten setzen sich aus verschiedensten Posten zusammen und verändern sich ständig.» Ein involvierter Anwalt geht von fünf Millionen Franken aus, die das Verfahren die öffentliche Hand bisher gekostet hat. Umso unverständlicher sei es, «dass die EZV die gepfändete Kunst jetzt nicht einfach verwertet und das Geld von Schwarzenbach eintreibt, stattdessen aber teuer weiter prozessiert», sagt er.

Zumal es attraktive Ware ist, etwa «Paloma à l’orange» von Pablo Picasso, das 7,5 Millionen Franken wert sein soll. Selbst solch hochwertige Kunst verkauft der Zoll nicht. Der charmante Schwarzenbach gilt als hartnäckiger Gegner, bereit, jedes juristische Mittel einzusetzen, um Verwertungen zu verhindern. Zuletzt im Dezember 2019, als die Zürcher Galerie Koller 114 seiner Werke zwangsversteigern sollte. Kurz zuvor hatte er eine superprovisorische Verfügung gegen die Auktion erwirkt.

Zwar bestätigt der Zoll, «den gesetzlichen Auftrag» zu haben, die «Forderungen einzutreiben», antwortet aber wie auf alle Fragen der «NZZ am Sonntag» vage. Er prüfe ständig, «ob und wann aufgrund der sich ändernden Pandemievorschriften die Durchführung einer öffentlichen Zwangsversteigerung möglich und nötig» sei. Vom Zoll ist zu hören, die Furcht sei gross, Schwarzenbach würde künftige Versteigerungen wieder verhindern.

Was nicht unbegründet ist. «Wenn die ­Zollverwaltung jetzt erneut versuchen sollte, diese Werke an einer Auktion zu versteigern, dann ist das böswillig und widerrechtlich», sagt sein Berater Sacha Wigdorovits. «Herr Schwarzenbach wird dagegen sicher Rechtsmittel ergreifen.» Der Financier habe dem Zoll angeboten, Werke aus der Pfändung zu erstehen, sie zu verkaufen, die Schuld zu tilgen und den Zoll sogar am Gewinn zu beteiligen. «Doch die Zollverwaltung hat dies abgelehnt.»

2. Es begann mit Cognac

Der jetzige Stillstand schmerzt altgediente Fahnder des Schweizer Zolls. Die Detektive belegten in 123 Fällen, dass Schwarzenbach Güter bei der Einfuhr nicht deklarierte. In 27 Fällen meldete er Ware zu preisgünstig an. Zuallererst fielen ihnen zwei Kisten Weinbrand auf. Am 7. Januar 1997 erwischten Zöllner Schwarzenbachs Pilot auf dem Parkplatz des Flughafens Samedan (GR) mit unverzolltem Cognac. Derselbe Pilot flog 660 Flaschen Wein ein, angeblich für die Hochzeitsfeier von Schwarzenbachs Tochter. Es folgten Schmuck, eine Golduhr, Fabergé-Eier, ein Werk von Tinguely. Sogar ein olympisches Springpferd soll er mit falschem Wert eingeführt haben.

Beim Pferd blieb es beim Verdacht. Anders bei der Kunst. Am 20. September 2012 landete Schwarzenbach im Privatflugzeug von England kommend in Zürich, an Bord hatte er ein Gemälde und eine Skulptur im Gesamtwert von 312000 Franken. Warum er sie, ohne sie zu verzollen, einführte, konnte er nicht schlüs­sig erklären. Der flamboyante Financier, wird erzählt, soll dabei die Zöllner regelrecht angeschnauzt haben. Abschliessend überprüfen lässt sich das nicht. Glaubhaft wirkt es für jene, die ihm begegnet sind. «Ich schicke einen grossen bösen Hund vorbei», antwortete er einst auf die Frage, was er täte, um beschlagnahmte Bilder zurückzuerhalten.

3. Das Verlagerungsverfahren

Die gekränkten Zollfahnder fingen an, den Händler genauer zu untersuchen. Rasch stiessen sie auf einen juristischen Kniff, mit dem Schwarzenbach die Mehrwertsteuer zu umgehen versuchte: das Verlagerungsverfahren.

Bei der Einfuhr von Kunst und Antiquitäten in die Schweiz fällt eine Steuer von 7,7 Prozent an. Mit einer Bewilligung kann beim Import dieser Güter die Mehrwertsteuer vermieden – präziser: verlagert – werden. Führt ein Händler ein Werk im Verlagerungsverfahren ein, deklariert ein Zöllner die Mehrwertsteuer und storniert sie sogleich. Zur Zahlung fällig wird sie beim Verkauf des Werks in der Schweiz.

Offen steht dieses Verfahren nur Händlern. Privatpersonen, die eine Skulptur in den Garten stellen, müssen sie bei der Einfuhr sofort versteuern. Das Verfahren soll den Schweizer Kunsthandelsplatz stärken, neben New York und London einer der wichtigsten. Händlern und Galerien, die viel importieren und exportieren, entfällt administrativer Aufwand. Und die Eidgenössische Steuerverwaltung muss weniger Abgaben hin und her schieben.

Zeitlich ist das Verlagerungsverfahren unbefristet. Ein Händler kann ein Bild einführen, es jahrelang zwischenlagern oder ausstellen, ohne dass Steuern anfallen. Allerdings muss eine klare Verkaufsabsicht bestehen. Wer sie nicht hat, gerät in den Verdacht, das Verfahren zur Steuervermeidung missbraucht zu haben.

Bei Schwarzenbach blieb es nicht beim Verdacht. Das Bezirksgericht verurteilte ihn in einem zusätzlichen Strafverfahren im Februar 2021 erstinstanzlich wegen Steuerhinterziehung zu einer Busse von 6 Millionen Franken. Sein Anwalt, der alles orchestriert haben soll, muss 500000 Franken zahlen. Mit einer Million Franken gebüsst wurde der Geschäftsführer der Galerie Gmurzynska, Mathias Ras­torfer. Er zog das Urteil weiter.

Die Galerie Gmurzynska führte die Kunst ein, da sie über eine Bewilligung verfügt, das Verlagerungsverfahren anzuwenden. Spezialisiert ist die Galerie auf zeitgenössische und klassische Moderne des 20. Jahrhunderts. Jetzt versucht sie, am Bundesverwaltungsgericht eine Nachsteuerverfügung abzuwenden. Gmurzynska macht geltend, das Verlagerungsverfahren stets richtig angewendet zu haben. «Das hat uns die Steuerverwaltung explizit bes­tätigt», sagt Rastorfer. «Der einzige Vorwurf, den man uns machen kann: Wir konnten die Werke nicht verkaufen.» Dabei gab es zahl­reiche Angebote, doch Schwarzenbach spe­kulierte stets auf höhere Preise.

Beim Verlagerungsverfahren haften alle beteiligten Parteien solidarisch. Jeden Franken, den Schwarzenbach zahlt, muss die Galerie nicht zahlen. Sie drängt daher darauf, die gepfändeten Werke bald zu verwerten. Denn der Schlendrian der EZV hilft nur Schwarzenbach. Er scheint auf Verjährungen zu hoffen. Ist 15 Jahre nach Einfuhr einer Ware keine Mehrwertsteuer erhoben worden, entfällt sie. Was bei einigen Werken bereits ab 2023 eintritt.

4. Das Luxushotel als private Galerie

Es ist längst nicht Schwarzenbachs einziger Kunstgriff. Vor 20 Jahren erwarb er die in die Jahre gekommene Luxusherberge The Dolder Grand, die wie ein Schloss oberhalb der Stadt Zürich thront. Er liess das Haus vom britischen Architekten Norman Foster umbauen und im April 2008 feierlich eröffnen. Es sollte nicht nur gutsituierte Gäste und Rockstars wie Mick Jagger bewirten, sondern als Galerie dienen. Als intimer und exklusiver Ort, wo wohlbetuchte Personen auf Kunst aufmerksam werden, die sie erwerben könnten.

Kunst im Hotel zu verkaufen, ist eine gängige Praxis. Kunden wie Händler mögen sie. Käufer müssen sich nicht in Galerien oder an Messen zeigen. Bleibt ein hochpreisiges Werk im öffentlichen Umfeld unverkauft, gilt es als «verbrannt» und verliert an Wert. Diskreter ist der Handel mit wertvoller Ware in Privathäusern, Hotels und Zollfreilagern. Findet da ein Werk keine Abnehmer, fällt das weniger auf.

Die Galerie Gmurzynska beherrscht dieses Geschäft. Seit Jahren organisiert sie Ausstellungen in den Zürcher Hotels Baur au Lac und Park Hyatt, in den Londoner Herbergen The Dorchester und 45 Park Lane sowie in den St. Moritzer Häusern Badrutt’s Palace und Kulm. Von Schwarzenbach erhielt sie ab 2008 Kunstwerke in Kommission und stellte sie im «Dolder» zum Verkauf aus. «Es bestanden keinerlei Zweifel, dass die Werke im Hotel Käufer finden sollten», sagt Rastorfer. Zahlen sprachen dafür, dass Schwarzenbach ein Händler wie ein Sammler ist. Von den späten 1990er Jahren bis 2012 kaufte er Gmurzynska Kunst im Wert von 42 Millionen Franken ab – eine beachtliche Summe, aber für ihn eine Wenigkeit. Von 2005 bis 2012 erwarb Schwarzenbach gemäss Zolldokumenten insgesamt 3148 Werke für eine Milliarde Franken. Im selben Zeitraum hat er für drei Milliarden Franken Werke verkauft und einen Gewinn von 292 Millionen Franken erwirtschaftet.

Es war eine ausserordentlich lukrative Zeit für Kunst. Nach der Finanzkrise von 2008 entwickelte und vergrösserte sich der Markt rasant. Statt in Aktien legten Investoren ihr Geld in Meisterwerken an und in Stücke, die es werden könnten. Kunstpreise stiegen rasanter als Börsenkurse. 90 Prozent aller Deals wurden per Handschlag oder mündlich geschlossen.

5. Ein Warhol auf Reisen

Beispielhaft dafür steht die sonderbare Reise eines Werks von Andy Warhol. Der Pop-Art-Künstler fertigte 1979 in seinem gängigen Siebdruckverfahren ein grossformatiges «Big Retrospective Painting». Am 14. März 2005 verkaufte die Galerie von Bruno Bischofberger das Werk für 34,9 Millionen Franken an die Galerie Minerva, eine liberianische Briefkastenfirma, hinter der Schwarzenbach steht. Als die letzte Rate bezahlt war, luden im Mai 2006 spezialisierte Möbelpacker das Werk in einen ihrer weiss lackierten Lastwagen, fuhren es in ein Zollfreilager, führten es aus und stellten es in das Abteil von Schwarzenbach. Somit ­befand es sich – zolltechnisch betrachtet – im Ausland. Physisch befand es sich in Schlieren.

Am 20. August 2008 schlossen Schwarzenbach und Gmurzynska einen Kommissionsvertrag für den besagten Warhol. Die Galerie führte das Gemälde sechs Tage darauf im Verlagerungsverfahren in die Schweiz ein, um es zu verkaufen. Bischofberger, der mit Warhol gut befreundet war, blieb dem Gemälde verbunden. Obwohl Gmurzynska es eingeführt hatte, kam es in Bischofbergers Galerie. Er beauftragte einen Restaurator, den Warhol für einen Auftritt im Juni 2009 an der Art Basel aufzufrischen, einer wichtigen Kunstmesse.

Zuvor schlossen Bischofberger und Schwarzenbach einen weiteren Kommissionsvertrag ab, handschriftlich verfasst auf einem quadrierten Block. Bischofberger könne das Werk in Basel verkaufen, er müsse es für 80 Millionen Franken anbieten, unter 60 Millionen gehe es nicht weg. Werde das Werk für mehr als 70 Millionen verkauft, teilten sich Schwarzenbach und Bischofberger den Mehrertrag. Darüber anfänglich im Dunkeln gelassen wurde die Galerie Gmurzynska. Erst kurz vor der Messe vereinbarte die Galerie mit dem Financier eine Provision im Fall eines Verkaufs.

Das Werk blieb hängen. Zwar seien für «Big Retrospective Painting» Angebote von über 100 Millionen Franken eingegangen, erzählt ein Anwalt. Doch Schwarzenbach gab das Bild nicht her. Er sei ein Gambler, immer darauf erpicht, einen noch höheren Preis zu ergattern.

Nach der Art Basel nahm Bischofberger das Gemälde zurück in seine Galerie und bot es für 125 Millionen Franken an. Niemand wollte es für diesen Preis erstehen, deshalb entschied sich Schwarzenbach, den Warhol im «Dolder» aufzuhängen. Jedoch erst, nachdem er eine sonderbare Runde gedreht hatte. Gmurzynska führte das Gemälde am 15. Juni 2011 nach Grossbritannien aus. Nach England kam «Big Retrospective Painting» aber nicht. Das Werk schaffte es für eine Nacht in die süddeutsche Stadt Freiburg. Am 16. Juni 2011 brachten Schwarzenbach und Bischofberger es im Verlagerungsverfahren zurück in die Schweiz.

Seither hängt es in der Lobby des «Dolders». Die Zollverwaltung eröffnete ein Verfahren gegen Bischofberger, stellte es aber trotz erheblicher Beweislast ein. Angeblich nach der Intervention eines prominenten Politikers. Bischofberger wollte sich dazu nicht äussern.

Bleibt der Warhol fünf weitere Jahre im «Dolder», bis 2026, spart Schwarzenbach damit 2,6 Millionen Franken Mehrwertsteuer.

6. Millionen vom Sultan von Brunei

Warum zahlt Schwarzenbach ungern Steuern? «Ich liebe den Staat, sonst wäre ich doch gar nicht da», antwortete er in einer Befragung des Zolls. «Ich bin ja stolz darauf, Schweizer zu sein. Ich verzolle die Waren, die ich kaufe, aber ich verzolle keine Ware, die ich nicht besitze, nicht besitzen will oder besitzen kann.» In dieser Aussage liegt die vielleicht durch­triebenste Strategie des Financiers. Jahrelang behauptete er, die Kunst gehöre nicht ihm, sondern Gesellschaften, die er repräsentiere. Dabei versteckt er seine Person hinter einem Gewirr von Briefkastenfirmen, domiziliert in der Karibik und in Westafrika. Die Fäden der Unternehmen laufen in seiner Zürcher Villa Falkenstein zusammen. Dort betreibt Schwarzenbach ein Büro mit Personal. Er zahlt die Saläre, sie handeln für ihn mit Kunst.

Das Geld dafür kam oft von einem Konto der Firma Intex Exchange, registriert in Liberia. Zwischen 2005 und 2013 flossen darüber über 3 Milliarden Franken, steht in einem Zolldokument. Fast die Hälfte – 1,3 Milliarden Franken – stammt aus Brunei in Asien, «grösstenteils nachweislich im Auftrag des Sultans von Brunei». Die Korrespondenzadresse besagter Intex Exchange? Die Villa Falkenstein.

Bei einer Befragung des Zolls, warum er überhaupt ein so komplexes Konstrukt brauche, antwortete Schwarzenbach mit einem Wort: «Geschäftsgeheimnis.» Berater Sacha Wigdorovits ergänzt: «Das Steueramt des Kantons Zürich beschuldigt Schwarzenbach, ein Kunsthändler zu sein und kein Kunstsammler. Die Zollverwaltung hingegen bezichtigt ihn, ein Sammler zu sein und kein Händler.» Beide behaupteten also das Gegenteil. «Aber vor Gericht erhalten bis jetzt beide recht.»

In der Kunstwelt, in der Schwarzenbach lange Zeit ein willkommener Kunde und angesehener Händler war, gehen einige auf Dis­tanz zu ihm. «Wir wussten lange nichts von diesen Konstrukten», sagt ein Galerist. «Was er macht, war früher akzeptabel, heute geht das nicht mehr», sagt eine Kunsthändlerin.

Mehrmals rückten Fahnder der Zollkreis­direktion Schaffhausen aus, um im «Dolder» zahlreiche Werke zu pfänden. Die grossen, schwer zu transportierenden Stücke, darunter der Warhol, blieben im Hotel hängen, beschlagnahmt vom Zoll. Die anderen nahm ein Transportunternehmen mit ins Lager nach Dielsdorf. Spezialisten sorgen dort dafür, dass keine Papierfischchen oder Nagekäfer die Gemälde zerstören. Die hungrigen Schädlinge vermehren sich auf lange gelagerten Werken. Gingen sie kaputt, müsste der Zoll dem Besitzer der Kunst wohl noch Schadenersatz zahlen.