Von Peter Hossli
Eleganz ist ihm fremd. Zorn durchdringt seine Stimme. Sein unflätiger Stil beschmutze die Würde des Weissen Hauses, heisst es. Den US-Präsidenten Donald Trump mögen? Schwierig.
Denn er hält den Klimawandel für Schabernack. Seine Einwanderungspolitik reisst Familien auseinander. In Syrien liess er die Kurden im Stich. Minister empfängt er mit Lorbeeren, bevor er sie kurz darauf mit Häme wieder feuert. Minuten nach der Vereidigung log er ein erstes Mal. Mittlerweile hat die «Washington Post» 15 413 Lügen gezählt. Nie ganz ausräumen konnte Trump den Verdacht, Russland habe ihm 2016 zum Wahlsieg verholfen. Als erster US-Präsident überhaupt steigt er mit einem Amtsenthebungsverfahren ins Wahljahr – weil er sein Amt missbraucht haben soll.
Ist aber alles schlecht, was Trump in den ersten drei Jahren als Präsident angefasst hat? Oder haben US-Wähler Gründe, ihm 2020 eine zweite Amtszeit anzuvertrauen? Ein kurzer Versuch, bei Trump das Gute zu sehen.
Aids-Prävention
Untätig schaute US-Präsident Ronald Reagan zu, als sich die Aids-Epidemie in den achtziger Jahren ausbreitete. Zehntausende starben damals. Trump hingegen versucht, die Verbreitung von HIV für immer zu stoppen. Anfang Dezember gab das US-Gesundheitsministerium bekannt, alle unversicherten Amerikaner würden kostenlos PrEP-Tabletten erhalten. Die Prä-Expositions-Prophylaxe wirkt als Bollwerk gegen das Aids-Virus und schützt so sicher vor HIV wie ein Kondom. Gesundheitsminister Alex Azar brachte PrEP-Hersteller Gilead dazu, die Pillen elf Jahre lang kostenlos an amerikanische Bedürftige abzugeben.
China die Stirn bieten
Die Volksrepublik China möchte bis 2049 zur grössten Wirtschaftsmacht der Welt aufsteigen. Um dieses Ziel zu erreichen, sind den Chinesen auch unlautere Methoden recht. Sie betreiben Industriespionage, schotten Märkte ab und attackieren Konkurrenten mit Dumpingpreisen. «Donald Trump war der Erste, der China beim Handel die Stirn bot», sagt UBS-Chefökonom Daniel Kalt. Anfänglich wies Trump China rhetorisch in die Schranken, dann drohte er mit drastischen Einfuhrzöllen. Zuletzt rang er Peking erste Eingeständnisse ab. «Trump hat gut gepokert und die Chinesen vor sich hergetrieben», sagt Kalt. Die Einigung im Dezember sei ein Etappensieg in einem langen Konflikt. «Das ist ein 15- bis 20-jähriger Prozess, die erste von zwölf Runden geht nach Punkten an die USA.»
Elternurlaub
Die USA sind das letzte westliche Land, das keinen staatlich verordneten Mutterschaftsurlaub vorsieht. Das ändert sich nun, auf Initiative von Trumps Tochter Ivanka – jedoch nur für Angestellte der Bundesregierung. Ab Oktober 2020 kommen Mütter und Väter, die seit mindestens einem Jahr für den Staat arbeiten, nach der Geburt eines Kindes in den Genuss von zwölf Wochen bezahlter Elternzeit. Trump ging taktisch klug vor und heftete den Urlaub an das Militärbudget an, damit im Kongress Demokraten wie Republikaner zustimmten.
Globale Sportereignisse
Trump hat sich dafür eingesetzt, dass die USA mit Kanada und Mexiko die Fussball-WM 2026 durchführen. Zwei Jahre später finden in Los Angeles Olympische Sommerspiele statt.
Boom dank Steuerreform
Die Ende 2017 verabschiedete Steuerreform hat die Endphase eines wirtschaftlichen Aufschwungs kräftig befeuert. Dank ihr verzeichnen US-Konzerne höhere Gewinne, was die Aktienmärkte auf Rekordhöhen treibt. Dieses Jahr dürfte die US-Wirtschaft um 2,1 Prozent wachsen und die Prognosen der Analysten übertreffen. Mit 3,5 Prozent ist die Arbeitslosenquote aktuell so tief wie seit 1969 nicht mehr; damals dienten noch 545000 Soldaten in Vietnam. «Trump kontert das Impeachment mit einem Boom», titelte unlängst die «New York Times». Hält der Boom im Wahljahr an, hat Trump politisch richtig gehandelt und die Steuerreform rechtzeitig durch den Kongress gebracht. Aus zyklischer Sicht kritisieren Ökonomen das Timing. Zu früh seien die fiskalischen Mittel verpulvert worden. Es wäre besser gewesen, man hätte die Steuerkürzungen für einen Abschwung aufgespart, zumal sie die Schuldenlast drastisch erhöhen würden.
Arme und Frauen profitieren
Die grössten relativen Gewinner des Aufschwungs sind Amerikas Bedürftigste. Nicht nur die Aktienmärkte boomen, die Firmen schaffen neue Stellen. Heute arbeiten sechs Millionen Amerikaner mehr als beim Abtritt von US-Präsident Barack Obama. Die Jobs gehen an eher benachteiligte Bevölkerungsschichten. Nie hat das US-Bundesamt für Statistik eine geringere Arbeitslosigkeit gezählt bei Latinos, Asiaten und Schwarzen, nie einen tieferen Anteil armer Schwarzer. Die Frauenarbeitslosigkeit war letztmals in den Nachkriegsjahren so tief. Gegenüber dem Vorjahr sind die Löhne 2019 um 3,1 Prozent gewachsen. Bei alleinerziehenden Frauen sind sie um 7,6 Prozent gestiegen. Die Armut unter schwarzen Frauen hat sich um 2,7 Prozent verringert, unter Latinas um 4 Prozent – weil mehr arbeiten und die Gehälter in den Branchen ansteigen, in denen Frauen tätig sind, etwa im Gastgewerbe oder im Gesundheitswesen.
Handel mit den Nachbarländern
Am 10. Dezember 2019 unterzeichneten die Handelsminister von Kanada, Mexiko und den USA das neue Freihandelsabkommen USMCA, das Nafta ablöst. Der Präsident, die Republikaner und die Demokraten würdigen den Handelsvertrag als grossen Erfolg für amerikanische Arbeitskräfte. Noch steht die Ratifizierung durch die drei Parlamente aus.
Keine neuen Kriege
US-Präsidenten überlassen die Aussenpolitik oft ideologisch nahestehenden Thinktanks. Trump fehlen die Beziehungen zu Denkfabriken. Als er nach Washington kam, setzte er auf unerfahrenes Personal und seinen «Art of the Deal»-Instinkt. Bisher erfolgreich lässt er sich von einem Grundsatz leiten: keine neuen Kriege. Nicht einmal beim Drohnenangriff im September auf saudiarabische Öleinrichtungen liess er sich provozieren. Die im Ausland stationierten US-Soldaten konnte er jedoch bloss von 198000 auf 174000 reduzieren.
Zwei neue Verfassungsrichter
Die am längsten anhaltende Macht eines US-Präsidenten besteht darin, auf Lebzeiten gewählte Verfassungsrichter vorzuschlagen. Mit Neil Gorsuch und Brett Kavanaugh konnte Trump zwei Konservative im Obersten Gerichtshof platzieren. Aus seiner Sicht ein Erfolg. Insbesondere die umstrittene Wahl Kavanaughs verändert die Ausrichtung des Gerichts: Er ersetzt den moderaten Anthony Kennedy, oft das Zünglein an der Waage.
Europa und Kanada zahlen mehr
Jahrelang haben US-Steuerzahler die Hauptlast des transatlantischen Verteidigungsbündnisses Nato getragen. Auf Druck Trumps zahlen die europäischen Staaten und Kanada bis Ende 2020 nun 130 Milliarden Dollar mehr, bis 2024 sollen es 400 Milliarden Dollar sein.
Medikamentenpreise
Nirgends sind Medikamentenpreise höher als in den USA. Vor drei Jahren versprach Trump, diese zu reduzieren. Gesamthaft gingen die Preise zwar zurück, viele Konsumenten spüren das aber noch nicht. Einige Konzerne haben die Preise eingefroren. Pharma-Analysten fassen es wie folgt zusammen: Die Branche schäme sich wegen Trumps Druck und sei daher zurückhaltend bei Preiserhöhungen. Gesetzgeberisch hat sich aber noch nichts bewegt.