«Die Lage ist schon lange ziemlich angespannt»

Fünf Schweizer Offiziere stehen an der Grenze zwischen Nord- und Südkorea. So erlebt der Kommandant Urs Gerber das Säbelrasseln zwischen den USA und Nordkorea.

Interview: Peter Hossli

Die Lage auf der koreanischen Halbinsel ist höchst angespannt. Nordkorea droht, amerikanische Anlagen in Südkorea «zu vernichten». Die USA haben die Flugzeugträgergruppe um die USS Carl Vinson in den westlichen Pazifik verlegt. China versucht zu schlichten. «Die Vereinigten Staaten und Nordkorea liefern sich gerade einen Schlagabtausch mit gezogenen Schwertern. Sturmwolken sind aufgezogen», so der chinesische Aussenminister Wang Yi (63).

Mittendrin fünf Schweizer Offiziere. An der Grenze zwischen Nord- und Südkorea überwachen sie die Einhaltung des Waffenstillstandsabkommens von 1953. Die Leitung obliegt Divisionär Urs Gerber (64).

Herr Divisionär Gerber, wie hat sich Ihre Arbeit  in den letzten Tagen verändert?
Urs Gerber: Wir arbeiten nach «business as usual». Dazu verfolgen wir die Lage aufmerksam.

Amerikaner und Nordkoreaner rasseln mit den Säbeln. Spüren Sie dies?
In der DMZ ist keine Veränderung sichtbar. Man spürt aber eine gewisse Anspannung, nicht zuletzt in Vorbereitung wichtiger Besuche.

Sie und Ihre Offiziere verbringen die Wochenenden in der südkoreanischen Hauptstadt. Wie ist die Stimmung dort?
Die Stimmung in Seoul ist kaum anders als sonst. Die Nachrichten und Medienmeldungen zur Lage sind höchstens etwas dichter.

Alle paar Monate rasseln in Korea die Säbel. Ist die aktuelle Situation gefährlicher als zuvor?
Die Lage ist schon lange ziemlich angespannt. Nun hat vor allem die Rhetorik zugenommen. Sichtbare Zeichen gibt es ausser der militärischen Drohkulisse kaum.

Als wie gefährlich stufen Sie die Lage ein?
Wenn sich alle Akteure rational verhalten, dürfte die Lage unter Kontrolle bleiben.

Welche Möglichkeiten haben die Schweizer Offiziere, um eine Eskalation zu verhindern?
Wir haben uns an die Vorgaben des Waffenstillstands zu halten, das kein exekutives Mandat vorsieht. Gerade bei Spannungen kann aber die schiere Präsenz an der Demarkationslinie deeskalierend wirken.

Was könnte die Schweiz diplomatisch leisten, um einen Krieg auf der koreanischen Halbinsel zu verhindern?
Das muss die Schweizer Diplomatie entscheiden. Sie kann sicher mässigend einwirken, aber kaum verhindern.

Die Schweizer sind seit 1953 in Korea stationiert. Warum ist diese Mission heute noch sinnvoll?
Durch die unabhängige und vor allem unparteiliche Überwachung des immer noch gültigen Waffenstillstandsabkommens tragen wir zumindest zur Stabilität bei, seit 1995 leider nur noch auf der Südseite.

Die Schweiz überwacht die Einhaltung des Waffenstillstandsabkommens seit 1953. Wie stabil ist es heute?
Angesichts dessen, dass Nordkorea das Abkommen seit 2013 eigentlich nicht mehr anerkennt und trotzdem gravierende Zwischenfälle eigentlich rar sind, kann man es immer noch als recht stabil bewerten. Ohne das an sich überalterte Abkommen wäre es wahrscheinlich schon mehrere Male zu ernsthaften Konflikten gekommen.

Das Interview wurde schriftlich geführt.