Von Peter Hossli (Text) und Pete Souza (Fotos)
Gern haben, gar lieben wollten wir ihn. Barack Obama, den 44. US-Präsidenten. Nach den kriegerischen Bush-Jahren würde er den Europäern wieder erlauben, was ihnen so sehr am Herzen liegt: Amerika zu mögen.
Mit dem Slogan «Yes, we can!» gewann er 2008 die Wahlen. Euphorie und Zuversicht lagen über Washington, als er vor acht Jahren den Amtseid ablegte. Neben ihm eine selbstbewusste Frau und zwei fröhliche Töchter.
Obama versprach, das Land zu einen, Amerika und somit die Welt aus der globalen Rezession zu ziehen, Kriege zu beenden.
Als erster Schwarzer im Weissen Haus schrieb er Geschichte. Der Optimismus, diese uramerikanische Eigenschaft, schien greifbar.
Auf Obama folgt morgen Donald Trump (70), und das hat viel mit Obama zu tun.
Die USA sind gespaltener denn je
Noch toben bewaffnete Konflikte in Afghanistan und Irak. Obama hinterlässt ein Amerika, das gespaltener ist denn je. An den Küsten des Landes geht es den meisten Menschen gut. Im Landesinneren aber hat sich das Gefühl verstärkt, man gehöre zu den Verlierern der globalisierten Welt.
Die Obamas selbst, die schillernde First Family, gaben sich als Menschen von Welt. Sie setzten Trends, mochten Kultur, assen biologisches Gemüse aus dem Garten des Weissen Hauses. Kein einziger Privat-Skandal überschattete die acht Amtsjahre. Nie war Obama peinlich.
Fast immer sprach er klug, zuweilen brillant. Doch viel zu selten folgten Taten auf die schönen Worte.
Bitter ist das für Menschen im Nahen Osten. Ohne den Friedensprozess zu fördern, trübte der US-Präsident das Verhältnis zu Israel. Erst verhalten, dann chaotisch verlief 2011 der Sturz des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi (†69).
Umso zögerlicher verhielt sich Obama in Syrien. Die von ihm gesetzte rote Linie liess er Diktator Bashar al-Assad (51) folgenlos überschreiten.
Der US-Präsident liess sich von Putin vorführen
Ein Massaker und Millionen von Menschen auf der Flucht sind die Folgen. Die Kontrolle in Syrien? Haben heute die Russen. Viel zu oft liess sich Obama von Russlands Präsident Wladimir Putin (64) vorführen.
Zwar töteten US-Soldaten den Terrorfürsten Osama Bin Laden (†54). Doch eher untätig schaute Obama dem Anstieg der Terrorbande Islamischer Staat (IS) zu.
Das schlimmste Vermächtnis hinterlässt er dort, wo kaum jemand hinschaut: in den schwarzen Innenstädten Amerikas. Sogar Zehnjährige ziehen heute in Cincinnati und Baltimore, in Chicago und East Cleveland bewaffnet durch die Quartiere. Unter Amerikas Schwarzen gibt es mehr Drogen, mehr Gewalt, mehr Armut – und trotz schwarzem Präsidenten weniger Zuversicht.
Seinem wichtigsten Projekt, der Krankenkasse Obamacare, droht das Ende. Das verfassungswidrige Gefängnis Guantánamo auf Kuba ist noch immer offen.
Aus «Yes, we can!» ist «No, he couldn’t» geworden. Angesichts der Herkulesaufgabe und der übertriebenen Hoffnungen war das zu erwarten. Ernüchterung herrscht trotzdem.
Einfacher hat es Nachfolger Trump. Er erbt ein wirtschaftlich robusteres Land. Mancher glaubt, er werde scheitern. Geringe Erwartungen lassen sich leichter übertreffen.