Kann Trump auch den Sieg abschreiben?

Die «New York Times» enthüllt die Nullsteuer-Tricks von Donald Trump.

Von Peter Hossli

Letzten Monat erhielt eine Reporterin der «New York Times» einen anonymen Brief. Darin befand sich die Steuererklärung von Donald Trump (70) aus dem Jahr 1995. Das Schreiben könnte die Präsidentschaftswahl entscheiden.

Denn gestern machte das Blatt den Steuerausweis publik.Dieser belegt, wie dreist Trump agiert. Dass der Republikaner selbst dann Profite erzielt, wenn er schlecht geschäftet und andere Geld verlieren.

Einen Verlust von 916 Millionen Dollar wies er 1995 aus. 18 Jahre lang, errechnete die «New York Times», zahlte Trump danach keine Steuern mehr auf sein Einkommen: Er durfte den Verlust abziehen.

Somit zahlte er persönlich jahrelang nichts in die Kasse jenes Landes, das er nun führen will.

Das Minus verschuldete der Tycoon selbst. Drei Casinos führte Trump in den 90er-Jahren in die Pleite. Eine nach ihm benannte Airline flog grosse Verluste ein, ebenso der Kauf des legendären Hotels Plaza in Manhattan. Handwerker und Lieferanten blieben auf offenen Rechnungen sitzen, die Trump nicht mehr beglich. Er hingegen sicherte sich einen Steuerrabatt von fast einer Milliarde Dollar.

Die Enthüllung schadet dem Kandidaten. Nicht harte Arbeit, sondern Tricks haben ihm ein Vermögen beschert. Die Wähler aber, die hinter ihm stehen, sind grösstenteils kleine Leute. Ihnen bleiben solche gerissenen Winkelzüge vorenthalten.

Das Dokument ist ziemlich sicher echt. Die «New York Times» fand Trumps Steuerberater von damals. Der erkannte die eigene Unterschrift und erin­nerte sich an den Verlust. Er sagt: «Dieser Typ hat ein gigantisches Vermögen angehäuft, ohne Steuern zu zahlen.» Trump dementiert nicht. Er lässt einzig ausrichten, er habe eine finanzielle Verantwortung – für sich, seine Firma, seine Familie und für seine Angestellten. «Er zahlt nicht mehr Steuern, als er muss.»

Nun droht Trump der Zeitung mit einer Strafanzeige – wegen Verletzung des Steuergeheim­nisses. Nahe liegt: Das brisante Papier stammt aus dem Umfeld von Hillary Clinton (68). Beim TV-Duell von letzter Woche sprach die demokratische Kandidatin scheinbar bestens informiert über die fehlende Trans­parenz bei Trumps Steuern.

Als erster Präsidentschaftskandidat weigert er sich, seine Steuererklärung offenzulegen. «Was hat er zu verbergen?», fragte Clinton während der TV-Runde. «Ist er etwa nicht so reich, wie er sagt?» Und: «Oder zahlt er gar keine Einkommenssteuer?» Trump schien ein Geständnis abzulegen: «Das Geld wäre ohnehin verschwendet worden.»Peter Hossli