Von Peter Hossli
Den Superlativen bedienten sich die US-Medien im Vorfeld. Das wichtigste TV-Duell aller Zeiten sei die erste Debatte zwischen Hillary Clinton (68) und Donald Trump (70), abgehalten an der Hofstra University ausserhalb von New York. Mit einem Ali-Frazier-Fight verglich es ein Kommentator.
Nun, Blut floss keines. Keiner ging K.O., echte Treffer oder Abstürze blieben aus.
Aber nach Punkten gewann klar die Demokratin. Sie wirkte seriöser, provozierten den Republikaner gekonnt. Der liess sich provozieren. Mehrmals fuhr Trump ihr ins Wort, rollte mit den Augen, seufzte. Clinton hingegen tänzelte um ihn herum, wirkte gelassen und selbstsicher.
Inhaltlich brachte die Debatte wenig Neues – beide wiederholten, was sie schon an ihren Parteikonventen sagten.
Clinton hatte eine Präsenz, Trump hingen wirkte entrückt, ja zuweilen apathisch.
1. Der erste Punkt: Ging an Clinton. Sie gewann vor dem Duell die Auslosung. Ihr wurde die erste Frage gestellt.
2. Der doppelte Handschlag: Im Vorfeld war ungewissen, ob sich die beiden überhaupt die Hand reichen würden. Für ihn ist das ein «barbarischer Akt», sie verabscheut Trump so sehr, dass sie ihn nicht berühren möchten. Artig gaben sie sich die Hand am Anfang und am Schluss.
3. Das Eigenplagiat: Trump wiederholte, er bringe Jobs aus Mexiko und China zurück. Clinton sagte wie schon am Parteikonvent, ein Mann, der sich von einem Tweet provozieren lasse, dürfe nicht an Atomwaffen gelassen werden.
4. Papis Portemonnaie: Trump kümmere sich nur um die Reichen, so Trump. Er selbst habe nur Geld, weil sein Vater es ihm gab.
5. Der Angriff mit dem Arm: Zu Beginn streckte Trump seinen Arm bedrohlich Richtung Clinton und fragte sie: «Kann ich Aussenministerin zu dir sagen? Ich möchte, dass du glücklich bist.» Trump wirkte arrogant und herablassen.
6. Eine Zeile von Clinton, die stach: «Donald, ich weiss, dass du in einer eigenen Realität lebst.»
7. Ein Zeile von Trump, die stach: «Ja, sie hat viel Erfahrung, aber die falsche.»
8. Grinsen und Reinreden: Der geteilte Bildschirm ist tückisch, weil die Zuschauer sehen, wie die anderen zuhören. Clinton grinste einmal, Trump aber fuhr ihr immer wieder ins Wort, wirkte daher rüpelhaft.
9. Die lieben Steuern: Der Moderator fragte Trump, warum er seine Steuererklärung nicht publik mache. Trump windete sich. Clinton attackierte gnadenlos: «vielleicht ist er nicht so reich, wie er sagt, und vielleicht zahlt er überhaupt keine Steuern». Was Trump sogar zugab: «Das Geld wäre ohnehin verschwendet worden.» Clinton trocken: «Er hat etwas zu verstecken.»
10. Fehler oder Schande: Clinton gesteht, es sei ein Fehler gewesen, Mails über einen privaten Server laufen zu lassen. Trump entgegnet: «Es war kein Fehler, es war Absicht, es ist eine Schande, was Hillary gemacht hat.»
11. Der Ich-Milliardär: Clinton warf Trump vor, er habe oft seine Handwerker oft nicht bezahlt. Was Trump zugab und erklärte warum: «Zuerst komme ich, dann meine Familie, dann meine Familie.» Die anderen interessieren ihn offenbar nicht.
12. Der Seufzer: Al Gore (68) verlor im Jahr 2000, weil er in einer Debatte gegen George W. Bush (70) mehrmals hörbar seufzte. Gestern seufzte Trump einmal laut – und wirkte wie ein gehänselter Schuljunge.
13. Zwei sind sich einig: Dass Menschen, die nicht fliegen dürfen, auch keine Waffen erwerben sollen. Dass sie das Resultat der Wahlen annehmen werden, egal wer gewinnt.
14. Das Clinton-Zitat, das bleiben wird: «Ich habe mich auf diese Debatte vorbereitet, er nicht, genau wie ich darauf vorbereitet bin, Präsidentin zu werden, er nicht.»
15. Aufruf zum Krieg: «China sollte in Nordkorea einmarschieren», sagt Trump. Die USA könnten nicht der Polizist der Welt sein.
16. Wer kann länger: Clinton habe nicht die Ausdauer, Präsidentin zu sein. Sie konterte: «Wenn er einmal 112 Länder bereist hat, so viele diplomatische Abkommen wie ich ausgehandelt hat, dann kann er mit mir wieder über Ausdauer reden.»
Das nächste TV-Duell mit den beiden findet am 10. Oktober statt.