Von Peter Hossli
Es ist ein Amt ohne Einfluss: der amerikanische Vizepräsident. Und doch dreht sich vor jeder US-Wahl vieles darum. Am Freitag gab Donald Trump (69) bekannt, er wolle mit Mike Pence (57) als Vize in den Wahlkampf.
Pence, derzeit Gouverneur von Indiana, soll am Parteitag von Cleveland nominiert werden – und Trump die Stimmen der frommen Amerikaner bringen.
Werden die beiden gewählt, ist Trump mächtigster Mann der Welt. Und Pence? Er stünde dem Senat vor, eine mehrheitlich zeremonielle Aufgabe. Es sei denn, es gibt ein Patt. Dann fällt der Vizepräsident den Stichentscheid.
Zweierlei erledige ein Vizepräsident, sagte Senator John McCain (79) einst. «Jeden Tag informiert er sich über die Gesundheit des Präsidenten, und er nimmt in der dritten Welt an der Beerdigung von Diktatoren teil.»
Verliert der Präsident das Bewusstsein, erhält der Vizepräsident zwischenzeitlich alle Macht. Geschehen ist das in der US-Geschichte erst dreimal: im Juli 1985, als Ronald Reagan (1911–2004) sich am Darm operieren liess, amtete Vize George H. W. Bush (92) während sieben Stunden, 54 Minuten als Präsident.
Dessen Sohn George. W. Bush (70) übergab zweimal an Vizepräsident Dick Cheney (75): Im Juni 2002 und im Juli 2007 wegen je einer Darmspiegelung.
Acht Präsidenten starben im Amt, ihre Vize ersetzte sie. Der letzte war John F. Kennedy, der am 22. November 1963 in Dallas erschossen wurde. Am selben Tag übernahm sein Vize Lyndon B. Johnson (1908–1973).
Im Wahlkampf soll der Kandidat fürs Vize-Amt aus einer gewissen Region Stimmen bringen. Oder wie Sarah Palin (52) im Jahr 2008 die frommen Wähler für John McCain gewinnen. Der weisse alte Mann Joe Biden (73) sollte die Unerfahrenheit des jungen Schwarzen Barack Obama ausgleichen. Bill Clinton (69) wählte 1992 Al Gore (68), damit er ihn dereinst beerben würde.
Erster Vizepräsident der USA war John Adams (1735–1826), unter George Washington (1732 –1799). «Als das bin ich nichts, aber ich könnte alles werden.