Sie kann alles, aber er kann gewinnen

Polit-Volontär Donald Trump fordert die Streberin Hillary Clinton heraus.

Von Peter Hossli

Das amerikanische Duell steht. Donald Trump (69) bewirbt sich für die Republikaner um das mächtigste Amt der Welt. Hillary Clinton (68) vertritt die Demokraten.

Ein Mann trifft auf eine Frau, Wut auf Vernunft, ein Milliardär auf eine Millionärin. Der grösste Gegensatz aber betrifft jenen Bereich der Politik, der am wichtigsten wäre: wer was kann.

Nie kandidierte jemand fürs Weisse Haus mit einem besseren Leistungsausweis als Clinton. Nie vor Trump nominierte eine Partei einen Polit-Volontär.

Er ist Baulöwe und Entertainer. Ein öffentliches Amt bekleidete er nie. Die Welt kennt er nicht. Versagt hat er, wo er stark sein will: im Geschäft. Mehrere seiner Firmen gingen pleite.

Anders Streberin Hillary. Sie studierte an der Elite-Universität Yale, setzte sich als junge Anwältin für die Rechte von Kindern ein, war beliebte First Lady von Arkansas, später von Amerika. Als ihr Mann Bill Clinton (69) sich 1992 ums Präsidentenamt bewarb, sagte sie: «Als First Lady werde ich nicht nur Kekse backen.» Stoisch steckte sie die Affären ihres Gatten weg, den Hass, den sie auf sich zieht, sogar einen Vorwurf wegen Mordes. Erfolgreich bewarb sie sich 2000 als Senatorin New Yorks. Barack Obama (54) berief sie zur Aussenministerin, Clinton besuchte 112 Länder.

Derweilen bellte Trump in einer Reality-Show «You’re fired» – «Sie sind entlassen». Er spielte an der Seite von Bo Derek (59) in einer romantischen Komödie – und erhielt dafür die goldene Himbeere als schlechtester Nebendarsteller. Zweimal ist er geschieden, einst gehörte ihm die «Miss Universe»-Veranstaltung, er hat Golfplätze, verkauft goldene Krawatten, saftige Steaks und Mineralwasser.

Und das soll reichen, US-Präsident zu werden? Ja, zeigt ein Blick in die Geschichte Amerikas: nicht der Streber, der Rüpel gewinnt Wahlen. Musterschüler mögen die Amerikaner nicht, Anti-Intellektualismus ist weit verbreitet. George W. Bush (69 – der englischen Grammatik nicht mächtig – schlug 2000 den blitzgescheiten Al Gore (68). Während der Kommunisten-hatz nach dem Zweiten Weltkrieg galten Kluge als gefährlich. Als 1952 der spiessige General Dwight Eisenhower (1890–1969) gegen den scharfsinnigen Adlai Stevenson (1900–1965) siegte, stellte das US-Magazin «Time» treffend fest: «Es besteht eine grosse und äusserst ungesunde Lücke zwischen dem intellektuellen Amerika und dem Volk.»

Eine Lücke, die sich in Amerika eher vergrössert hat. Und das ist die grosse Gefahr für Clinton – und die Hoffnung für Trump.