Von Peter Hossli
Donald Trump (69) mag vergoldete Tapeten. Er posiert gern neben Blondinen in knappen Bikinis. Behinderte verunglimpft er, menstruierende Frauen verhöhnt er. Gegner nennt Trump «Clown», «Puppe», «Sack», «Dummchen». Er schreit, flucht, redet einfach. Alles, was er tut, ist «grossartig».
Kurz, Trump ist vulgär. Genau deshalb folgt ihm Amerika.
Obwohl sein Stil der Würde der US-Präsidentschaft widerspricht, hat er reelle Chancen auf den Einzug ins Weisse Haus.
Was ist los mit den USA? Mit dem Land, das 2008 mit Barack Obama (54) den ersten Schwarzen wählte? Der es uns nach den Bush-Jahren wieder ermöglichte, Amerika zu mögen?
Mit Amerika ist nichts los. Amerika ist so. Es wählt alle vier Jahre jenen Präsidenten, der am besten spürt, was das Land bewegt. Oft ist der Neue ein Gegenentwurf zum abtretenden. Clinton – liberal – folgte auf die konservative Ära Bush/Reagan. Nach ihm kam der konservative George W. Bush, auf ihn folgte Obama. Logisch, dass ein Haudegen wie Trump nun einen Intellektuellen wie Obama ablösen könnte.
Amerika ist nicht einfach Europa mit hohen Häusern, nicht nur Harvard, New York, Silicon Valley. Grösser ist das hinterwäldlerische Amerika, das hässliche, dicke, mausarme, fromme, ungebildete. Nicht Princeton-Professorinnen und Wall-Street-Banker entscheiden die Wahl. Wer ins Weisse Haus will, muss eine banale, vulgäre Sprache sprechen – wie Trump es tut. Nicht Trump ist die Ausnahme, Obama war es.
«Ich mag schlecht Ausgebildete», sagt Trump. Der kluge Baulöwe weiss: Antiintellektualismus ist tief verwurzelt in Amerika. Schon die Gründer verleumdeten das Lernen als «Privileg der unbrauchbaren Aristokratie». Seither ist die US-Politik ein Wetteifern der Einfalt. Als «Kommunisten» galten kritische Geister in den 50er-Jahren. Der biedere Dwight D. Eisenhower (1890–1969) schlug den gescheiten Demokraten Adlai Stevenson (1900–1965). Vortrefflich sprach Ronald Reagan (1911–2004) die Dummen an, pflegte das Image als unbedarfter Schauspieler. Nach dessen Tod enthüllten Historiker in privaten Briefen Reagans Brillanz. Der neunmalkluge Al Gore (67) unterlag im Jahr 2000 George W. Bush (69), obwohl Bush der englischen Grammatik nicht mächtig ist.
Dieses Jahr sind Ungebildete offener denn je für simple und rassistische Botschaften. Nie zuvor sahen sich so viele arme weisse Amerikaner auf der Seite der gesellschaftlichen Verlierer. In Trump – dem vulgären Verführer – sehen sie einen willkommenen Retter.
Die gesamte Serie zu Donald Trump
Volles Rohr
So will der Baulöwe das Weisse Haus erobern.
Nur die Fassade ist republikanisch
Die widersprüchlichen Positionen von US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump.
Schon als Kind war er ein Rüpel
Der Aufstieg des Tycoons, Baulöwen zum US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump.
Vulgärer Verführer
Der Milliardär trifft mit seiner Geschmacklosigkeit den Nerv der Amerikaner.