Von Peter Hossli
Die Schulen des Kantons Zürich müssen sparen, bis 2019 jährlich 49 Millionen Franken. Klassengrössen wachsen, das Essen in Horten wird schlechter. Lehrer erheben laut Einspruch.
Umso mehr irritiert ein Schreiben der Schulleitung eines Schulhauses in der Stadt Zürich. «Wir können für alle ‹Kinder-Räume› […] das Sofa ‹Otto› in grosszügiger Anzahl bekommen», so die Schulleiterin an die Lehrer. «Die Anschaffungen werden unser Budget nicht belasten.»
Die Lehrkräfte sollen ruhig zulangen, suggeriert das Mail. «Im Zweifelsfall bestellen wir lieber eines mehr», es belaste das Budget ja nicht. «Und wir können ein paar wenige als Reserve deponieren.»
Also in den Keller stellen. «Die Stadt klotzt mit Sofas, wir müssen sparen», sagt eine Lehrerin. Das Otto-Sofa Modell Urban Plus kostet im Einzelhandel 1576 Franken. Es gelangt in alle Schulen und Horte Zürichs, ist nun Standard. Damit soll die Schule einheitlicher aussehen, heisst es. In manchen Zimmern ersetzt Otto den Ikea-Klassiker Klippan. Diese Couch ist für 199 Franken zu haben. Für den Preis eines Ottos könnten 7,9 Klippans gekauft werden. Bisher hat die Stadt 2300 Ottos erworben.
Die jüngste Lieferung – 360 Stück – erfolgte im Herbst. Pro Klassenzimmer sind 1,5 Sofas vorgesehen. Rechnet man den Bedarf hoch, dürfte die Stadt 3500 Ottos kaufen. Was im Laden 5,5 Millionen Franken kostet – 4,8 Millionen Franken mehr als gleich viele neue Ikea-Sofas. Die Stadt erhalte Mengenrabatt, die Luxussofas belasten nicht das Bildungsbudget, sondern die städtische Abteilung Immobilien, sagt der Immobilien-Sprecher von Zürich, Marc Huber.
Das Schweizer Möbelhaus Girsberger fertigt Otto. Chic wirkt das Sofa in Arztpraxen und Lofts kinderloser Paare. Bei der Evaluation sei er als Sieger hervorgegangen. Huber: «Das Sofa hat sämtliche gesetzten Kriterien – Ökologie, Preis, Bewirtschaftung, Ästhetik – erfüllt und hat sich bei den anschliessend durchgeführten Feldtests bestens bewährt.»
Anders tönt es in Zürcher Klassenzimmern und Horten. Rasch verschmutzt sei das Sofa, der Stoff lasse sich schwerer reinigen als ein Kunstledersofa. Bloss zwei Kinder fänden darauf Platz. Ein Hort versorgte die Sofas in einer Ecke, wo Knirpse selten spielen. «Wir hatten von einer Schule gehört, dass das Sofa qualitativ untauglich ist», schreibt eine Schulleiterin. Gleichwohl bestellte sie. Es gebe «genug Schulen» mit guten Erfahrungen.
Das Sofa werde «in Rückmeldungen unterschiedlich beurteilt», so Schulamtssprecherin Regina Kesselring. «Mehrheitlich sind sie aber positiv.» Die Couch sei zwar teuer. «Manchmal lohnt es sich aber zu investieren, das Sofa hält länger.» Eine Lehrerin widerspricht: «Nach kurzer Zeit sieht Otto alt aus.» Wie so oft bei Luxus.