Von Peter Hossli
Der Zweite Weltkrieg endete mit zwei Atombomben. Nach Hiroshima und Nagasaki kapitulierte Japan.
Der Krieg gegen den Terrorismus ist anders. Eine Invasion wie 1944 in der Normandie stoppt keine Mörder mehr in Paris, in Beirut oder im Sinai. Man kann kein Land «in die Steinzeit zurückbomben», wie es ein US-General mit Vietnam vorhatte.
Dieser Krieg ist komplizierter. Ideen und Intelligenz entscheiden ihn, nicht Waffensysteme. Es braucht kluge Antworten, nicht emotionale oder dumpf militärische.
Zuerst müssen wir dem Feind einen angemessenen Namen geben. Frankreichs Präsident François Hollande (61) spricht von Daesh statt Islamischer Staat. Das tönt wie ein arabisches Schimpfwort. Zudem entkoppelt er so bewusst den Islam vom Terror. Und das ist zentral.
Denn die islamische Welt ist wichtigster Verbündeter in diesem Krieg. Ohne Türkei, Jordanien, Irak und die Emirate am Persischen Golf ist der Terror nicht zu stoppen. Arabische Länder leiden mehr unter Daesh als wir. Verunglimpfen wir ihre Religion und rufen den «Krieg gegen den Islam» aus, wenden sie sich ab. Wir müssen Muslime ermutigen, gegen Dschihadisten vorzugehen. In Brüssel, in Bagdad, in Berlin.
Dieser Feind hat kein Land, keinen Anführer, keine reguläre Armee. Es ist ein loses Netzwerk aus Killern. Attentate wie in Paris planen sie dezentral und lösen sie online aus.
Dieses Netzwerk gilt es zu verstehen – und zu unterwandern. Untauglich sind Panzer oder Artillerie, nur beschränkt tauglich Satelliten und Drohnen, welche die Welt aus der Ferne beäugen. Es braucht Spione aus Fleisch und Blut. Agenten, die Daesh infiltrieren, mit den Mördern leben, vor Ort «actionable intelligence» sammeln, wie Geheimdienstler sagen. Also verlässliche Fakten, aufgrund derer militärische Einsätze erst Sinn machen.
Ja, wir müssen einen Teil unserer Privatsphäre preisgeben. Geheimdienste sollen – gesetzlich eingeschränkt – das Internet überwachen.
Daesh will ein Kalifat errichten. Mit jeder Stadt, die er erobert, jedem Stück Land, wächst ihre Zuversicht. Erfolg spornt an. Und Erfolge helfen bei der Rekrutierung. Umso dringlicher ist es, Daesh sofort zurückzuwerfen, Lager anzugreifen, Städte zurückzuerobern.
Ohne Kurden lässt sich dies nicht machen. Der wohl wichtigste Politiker der Welt? Masud Barzani (69), Präsident der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak. Seine Peschmerga-Einheiten halten Daesh wie niemand sonst in Schach. Er könnte noch mehr tun – aber gratis tut er es nicht. Barzani soll erhalten, wofür er kämpft: einen kurdischen Staat auf türkischem, syrischem und irakischem Gebiet.
Schaffen kann das gute Diplomatie. Diplomaten einer selbstbewussten Nato-Koalition müssen zudem Staaten einbinden, die unangenehm sind. Iran und Russland können helfen, diesen Krieg zu führen. Vor 70 Jahren wusste Amerika: Hitler lässt sich nur mit Stalin besiegen.
Zudem gilt es, das Terror-Geld zu stoppen. Alliierte Jets sollen Daesh-Ölfelder und -Tanklaster bombardieren. Banken müssen Konten getarnter Terrorgruppen einfrieren. Hawala gilt es zu durchleuchten – das informelle System, Bares zu überweisen.
Enden muss die unwürdige und unkontrollierte Flucht nach Europa. Nötig sind zentrale EU-Befragungen in der Türkei. Echte Flüchtlinge sollen nach Europa fliegen können.
Dieser Krieg wird lange dauern. Er wird noch mehr Opfer fordern. Vielleicht hört er nie auf. Eine Chance haben wir nur, wenn wir ihn intelligent führen. Und den Rechtsstaat bewahren.
«Wir» sollen Krieg führen? Wirklich: «wir»? Wäre es als Journalist nicht gescheiter, den Pluralis Majestatis den Herrschaften zu überlassen?