Von Peter Hossli (Text) und Yann Castanier (Fotos)
Andächtig zündet eine Frau eine Kerze an bei der Place de la République. Ein Mann legt die jüngste Ausgabe des Satire-Magazins «Charlie Hebdo» neben das Blumenmeer. Jugendliche singen «Imagine» von John Lennon und die Hymne «La Marseillaise».
Es ist warm an diesem Sonntagabend, Paris erwacht aus der Schockstarre. Plötzlich explodieren Knallkörper. «Schüsse, Schüsse», schreit die Menge. Dann: Panik am Ort der Trauer. Hunderte trampeln über brennende Kerzen. Bis die Polizei entwarnt: falscher Alarm!
Zwei Stunden später ist der Platz wieder voll mit Trauernden. In einer Nebenstrasse essen Polizisten belegte Baguettes, trinken Evian. Es ist erstaunlich, wie zurückhaltend Frankreich in Paris auf den Terror reagiert. Sichtlich bemüht ist der Staat, nicht zum Polizeistaat zu werden und die Normalität zu wahren.
War New York nach den Anschlägen vom 11. September 2001 tagelang eine geschlossene Stadt, besetzt von Panzerwagen, umschwirrt von Helikoptern, wirkt Paris nach dem 13. November offen. Schwere Geschütze bleiben in den Kasernen, Helis am Boden. Sicher, französische Soldaten bewachen die Wahrzeichen der Stadt: den Eiffelturm, das Parlament, den Louvre.
An vielen Orten aber – an Bahnhöfen, vor Strassencafés, in Parks – schaut die Polizei nur von weitem zu. Die Devise: Frankreich trotzt dem Terror, indem freie Bürger frei bleiben.