Von Peter Hossli
Er ist eine echte Lichtgestalt des Sports. Steht ganz oben neben Ali und Pelé: Franz Beckenbauer (70). Nicht nur in Deutschland nennen sie ihn den «Kaiser».
Weltmeister war er 1974 als eleganter Libero, später 1990 in Rom als Bundestrainer, war Präsident von Bayern München, Organisator der Fussball-WM 2006 im eigenen Land.
Jetzt droht ihm die gesellschaftliche Ächtung. Die deutsche «Bild» hat gestern einen Vertrag publik gemacht, den Beckenbauer in den Ruch der Korruption bringt. Er soll versucht haben zu bestechen. «Kaiserdämmerung» frotzelt der «Spiegel».
Beckenbauers Misstritt geht auf den Juli 2000 zurück. In Zürich wurde damals die WM für das Jahr 2006 vergeben – und zwar nach Deutschland. Vier Tage vor der Wahl habe Beckenbauer eine vertragliche Abmachung mit dem früheren Fifa-Vizepräsidenten Jack Warner (72) unterschrieben, sagt der interimistische Präsident des Deutschen Fussball-Bundes (DFB), Rainer Koch (56). Ausgerechnet mit Warner ging Beckenbauer einen dubiosen Deal ein – dem Geschäftsmann aus Trinidad und Tobago und der wohl korruptesten Figur im Weltfussball. Die Fifa hat ihn lebenslänglich gesperrt. Ihm habe der Kaiser «diverse Leistungen» von deutscher Seite zugesagt, so Koch. Die Liste der Leistungen ist lang: Einträgliche Spiele geben, WM-Tickets für Warner sowie Unterstützung an Trainer des Verbandes Concacaf, den Warner präsidierte, sagt Koch.
Noch ist nicht klar, ob der Vertrag wirklich umgesetzt worden ist. Das entlaste Beckenbauer aber nicht vom Vorwurf der Bestechung, sagt der zweite interimistische DFB-Präsident, Reinhard Rauball (68), zur «Welt»: «Man muss diesen Vertrag als Bestechungsversuch werten. Die Formulierungen lassen diesen Schluss zu. Über diese Fragen ist offenbar nachgedacht worden. Wenn so etwas schriftlich konzipiert wird, lässt es diese Vermutung zu.»
Damit steht der deutsche Fussball endgültig kopf. Ausgelöst hat all das eine Enthüllung des «Spiegels» vor bald vier Wochen. Das Magazin berichtete, der DFB habe sich einige Stimmen für die WM-Endrunde 2006 über schwarze Kassen gekauft.
Nicht glauben wollte dies die «Bild»-Zeitung. Sie stellte sich insbesondere hinter OKPräsident Beckenbauer, einen langjährigen «Bild»-Kolumnisten.
Nun musste DFB-Präsident Wolfgang Niersbach (64) zurücktreten. Franz Beckenbauer steht unter Generalverdacht.
Und «Sport Bild»-Chef Alfred Draxler gesteht: «Ich schulde dem Nachrichtenmagazin ‹Spiegel› ein Wort: Entschuldigung!»