Der tiefe Fall des Saubermanns

Von Peter Hossli Die Affäre um die Vergabe der WM 2006 nach Deutschland fordert ein erstes prominentes Opfer. Gestern trat der Präsident des Deutschen Fussball-Bundes zurück. Und zwar mit sofortiger Wirkung. «Ich habe für mich erkannt, dass der Zeitpunkt gekommen ist, die politische Verantwortung zu übernehmen», sagte Wolfgang Niersbach (64) nach einer Sitzung des DFB-Präsidiums. «Das Amt des Präsidenten darf nicht beschädigt werden.» Eine Überraschung ist der Rücktritt nicht. «Der Spiegel» hatte vor drei Wochen über eine schwarze Kasse berichtet. Darüber soll das deutsche WM-OK im Jahr 2000 Stimmen gekauft haben – im Wissen Niersbachs und Franz Beckenbauers (70). Letzte Woche kam es zu Hausdurchsuchungen in der DFB-Zentrale in Frankfurt und ...

Von Peter Hossli

niersbachDie Affäre um die Vergabe der WM 2006 nach Deutschland fordert ein erstes prominentes Opfer. Gestern trat der Präsident des Deutschen Fussball-Bundes zurück. Und zwar mit sofortiger Wirkung. «Ich habe für mich erkannt, dass der Zeitpunkt gekommen ist, die politische Verantwortung zu übernehmen», sagte Wolfgang Niersbach (64) nach einer Sitzung des DFB-Präsidiums. «Das Amt des Präsidenten darf nicht beschädigt werden.»

Eine Überraschung ist der Rücktritt nicht. «Der Spiegel» hatte vor drei Wochen über eine schwarze Kasse berichtet. Darüber soll das deutsche WM-OK im Jahr 2000 Stimmen gekauft haben – im Wissen Niersbachs und Franz Beckenbauers (70). Letzte Woche kam es zu Hausdurchsuchungen in der DFB-Zentrale in Frankfurt und in Niersbachs Wohnung.

Der Verdacht: Steuerhinterziehung. Dabei geht es um eine nach wie vor ungeklärte Zahlung in der Höhe von 6,7 Millionen Euro. Der einstige Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus († 2009) lieh dem DFB das Geld und verlangte es 2005 zurück. «Absolut nichts» habe er sich vorzuwerfen, sagt Niersbach dazu.

Derweilen berichtet der Bezahlsender Sky, externe DFB-Ermittler seien auf «drastische» neue Erkenntnisse gestossen, was die Vergabe der Fussball-WM 2006 nach Deutschland betrifft.

Für Niersbach ist der abrupte Rücktritt ein tiefer Fall. Er gab sich stets als Saubermann des deutschen und europäischen Fussballs. Michel Platini (60) wollte er dereinst an der Spitze des europäischen Fussball-Verbandes Uefa ablösen. Mehrmals hatte er den Schweizer Fifa-Präsidenten Sepp Blatter (79) kritisiert und den Walliser in den Ruch der Korruption gestellt. Nun gerät Niersbach selbst in diesen Ruch.

Seine Ämter bei Uefa und Fifa werde er behalten, angeblich auf Wunsch der DFB-Vizepräsidenten Reinhard Rauball (68) und Rainer Koch (56). Lange dürfte das kaum möglich sein. Die Ethikkommission der Fifa prüft die Aufnahme eines Verfahrens gegen Niersbach. Wird ein solches formell eröffnet, muss der deutsche Funktionär definitiv das Spielfeld des Spitzenfussballs verlassen.