«Wir wollen zu Angela Merkel»

Bis 3000 Flüchtlinge pro Tag strömen über die mazedonisch- serbische Grenze. Dort ist ihre Reise aber nicht zu Ende. «Wir wollen nach Deutschland», sagte der Syrer Abdel Hamid.

Von Peter Hossli (Text) und Pascal Mora (Fotos)

maceEine Brücke unter der Autobahn von Skopje nach Belgrad gestern Nachmittag. Der kleine Bus hält. «Geradeaus, dann rechts, dort ist der Bahnhof», geheisst der mazedonische Polizist den Fahrer. Fünf Minuten später steigen 25 Menschen aus, alles Syrer aus Aleppo, Frauen, Männer, junge und alte, dazu viele Kinder.

Es eilt. Maximal fünfzehn Minuten dürfen sie sich beim Bahnhof Slanishte aufhalten. Sie erhalten Wasser, etwas zu essen, Windeln für die Babys, können ihre Mobiltelefone aufladen. Das Uno-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hat Toiletten und Zelte aufgestellt.

«Wir sind vor sieben Tagen in Aleppo los», erzählt Abdel Hamid (40), ein kräftiger Mann mit einem Ziel: seine Familie in Sicherheit zu bringen. In einer Hand trägt er eine Lidl-Tasche, gefüllt mit seiner ganzen Habe, mit der anderen hält er seinen Sohn. Seine Frau trägt die Tochter. Weil er um das Leben seiner Familie fürchtete, sei er geflohen. «Wir gerieten zwischen die Fronten, zwischen den ISIS und die syrische Armee», sagt Hamid in perfektem Englisch.

mace_blaIm türkischen Izmir bestiegen sie vor einer Woche mit fünfzig anderen ein Boot. So erreichten sie Griechenland. Über den Landweg kamen sie nach Mazedonien – für sie nur ein Transitland. «Wir wollen weiter nach Deutschland», sagt Hamid. «Wir wollen zu Angela Merkel, sie ist ein guter Mensch, Merkel kann uns allen helfen.» Yousef Khatib (26) zieht von allen Passagieren 50 Euro ein, so viel hat die Busfahrt von der griechischmazedonischen an die mazedonisch- serbische Grenze gekostet. Er überreicht das Bündel Noten dem Fahrer. «Wir alle zahlen 2500 Euro für die Reise von Syrien nach Deutschland», sagt Yousef Khatib, der Betriebswirtschaften studiert hat – und auf ein neues Leben in Deutschland hofft.

Er wirkt gestresst. «Wir müssen weiter, wo geht es nach Serbien?», ruft er. «Ich zeige es euch», sagt Aleksandra Dawidowska (31), eine mazedonische Schuh-Designerin, die seit Monaten durchreisende Flüchtlinge betreut. Sie führt die Gruppe entlang der Geleise auf einem schmalen Weg über ein offenes Feld. Ein weisser Grenzstein markiert den unbewachten Übergang nach Serbien.

Eine Etappe auf dem langen Weg nach Deutschland – zu Angela Merkel.