Der Pfirsich kommt flach heraus

Flache Pfirsiche gibt es seit 200 Jahren. Nun kommen gibt es immer neue Sorten. Sie sind schmackhafter – und richten keine Sauerei an.

Von Peter Hossli

peach_flattSchon der erste Biss sorgt für eine Sauerei. Klebriger Saft rinnt in die Hand, tropft aufs Hemd. Bald sind Gesicht und Hose bekleckert. Fast unmöglich, die runde Steinfrucht anständig zu essen.

Es sei denn, der Pfirsich ist flach. Wer in diese Sorte beisst, öffnet den Mund nur wenig. Hand, Hemd und Hose bleiben sauber. «Platte Pfirsiche sind einfacher zu essen und schmackhafter», sagt Fruchtforscher Danilo Christen (45). «Deshalb sind sie so beliebt.»

Den runden rücken sie auf die Pelle, wie die Umsätze der Grossverteiler beweisen. «Es wird eine weitere Verschiebung von runden auf flache Pfirsiche geben», sagt eine Sprecherin der Migros.

Seit 10000 Jahren geniessen Menschen die Kugelfrucht, die in China für Unsterblichkeit steht. Dort entstand vor 200 Jahren eine flache Version – durch eine zufällige Mutation. Versuche, diese im 19. Jahrhundert in Europa zu vermarkten, scheiterten. Ende des 20. Jahrhunderts entwickelten westliche Forscher neue Varianten der süssen Scheibe. Auf den Markt kommen sie seither unter verschiedenen Namen: Paraguayo, Donut-, Saturn-, Ufo-, Platt-, Flach- oder Hut-Pfirsich. Im Ursprungsland China heissen sie «pan tao». Pan steht für Teller, tao für Pfirsich.

Pfirsiche sind von Flaum bekleidet, ihr Fruchtfleisch ist faserig. Da viele Esser glatte Haut bevorzugen, entwickelten Laboranten die Nektarine. Ihr Fleisch ist süsser und dichter. «Können wir einer Frucht ein positives Merkmal beifügen, tun wir das», sagt Christen, bei der eidgenössischen Forschungsanstalt Agroscope zuständig für Steinobst. Resistenter gegen Schädlinge könnten neue Früchte sein, schmackhafter oder länger haltbar. Acht Jahre dauere es, um eine Pfirsich- oder Nektarinensorte zu entwickeln.

Besonders versiert sind die französischen Züchter; niemandem gelinge aromatischeres Obst. In Frankreich liegen die Gehälter höher als in Italien und Spanien, sagt Christen: «Um konkurrenzfähig zu sein, müssen Franzosen edlere Früchte anbieten.» Daher finden Gourmands in Paris, Nizza oder Lyon eine Vielfalt hochwertiger platter Nektarinen und Pfirsiche. Für deren Anbau sei die Schweiz zu feucht, sagt Christen. Er hat es mit zehn flachen Sorten probiert. Keine fühlte sich wohl.

Für Händler wie Hungrige bieten die Scheiben viele Vorteile. Sie lassen sich im Geschäft leichter schichten, liegen besser in der Hand. Da sie lustig aussehen, essen Kinder sie gerne. Ihr Geschmack ist intensiver. Es braucht kein Messer, um sie zu verspeisen. Und es ist nicht nötig, sich nach ihrem Genuss die Finger zu lecken. «Flache Pfirsiche sind Convenience Food», sagt Christen: Lebensmittel, die für den raschen Verzehr fabriziert wurden.

Die Migros verkauft Tellerobst aus Spanien und Italien. Bei den Pfirsichen machen sie bereits ­einen Drittel des Umsatzes aus. Ufo-Nektarinen aber bleiben oft liegen. Eine «schwierige Frucht» ist sie für die Migros. Sie komme aus Spanien, sei anfälliger für Druckstellen, ihre Haltbarkeit kürzer als bei der kugeligen Cousine. Die flachen Pfirsiche sind hingegen bei den Kunden sehr beliebt.