Von Peter Hossli (Text) und Remo Nägeli (Foto)
Der Weg sei «endlich frei, in der Affäre Hildebrand die Wahrheit an den Tag zu bringen». So deuten Juristen den Entscheid des Zürcher Obergerichts, einen Teil der beschlagnahmten Dokumente von Christoph Blocher (74) freizugeben.
Im März 2012 durchsuchte die Polizei Büros und die Villa Blochers. Der Verdacht: Anstiftung zur Verletzung des Bankgeheimnisses. Beamte nahmen Papier sowie Datenträger mit. Dies sollte klären, ob Blocher den Sarasin-Mitarbeiter Reto T.* (42) und SVP-Kantonsrat Hermann Lei (42) angestiftet hatte, das Bank-Sarasin-Konto des vormaligen SNB-Präsidenten Philipp Hildebrand (51) zu veröffentlichen. Dessen Gattin Kashya Hildebrand (53) hatte Devisentransaktionen getätigt – und womöglich von der Festsetzung des Mindestkurses zum Euro profitiert.
Blocher wehrte sich und erreichte, dass die Polizei die Daten vorerst versiegelte. Das Bundesgericht schied vom Amtsgeheimnis betroffene Papiere aus, ebenso Kontakte zu Medien, wegen des Quellenschutzes.
Jetzt darf die Zürcher Staatsanwaltschaft den Rest verwenden. Das Obergericht verfügte, so die «Handelszeitung», dass Blochers Daten aus der Zeit von November 2011 bis März 2012 in die Untersuchung einfliessen. «Ich weiss nicht, ob das Urteil für mich positiv oder negativ zu werten ist», sagt Blocher. Ob er es weiterziehe, «überlasse ich meinem Anwalt». Der dürfte abklären, ob Zufallsfunde aus anderen Bereichen möglich wären.
Blocher war im direkten Kontakt zu Reto T. Der Sarasin-Informatiker vernahm innerhalb der Bank von Hildebrands Transaktionen. Er trug Belege der Devisengeschäfte aus der Bank – und hinterlegte sie bei seinem Anwalt, dem Thurgauer Lei.
Dieser informierte Blocher und organisierte am 3. Dezember 2011 ein Treffen in dessen Villa in Herrliberg ZH. Blocher bot Reto T. einen Job und finanzielle Hilfe an, wenn er Hildebrands Auszüge publik machen würde. Zuletzt lehnte T. ab und verbrannte die Auszüge. Am 5. Januar 2012 erschienen sie zusammengebastelt in der «Weltwoche»; Lei hatte ohne T.s Wissen davon Kopien angefertigt. Sie kamen zum Magazin sowie zu Blocher. Der frisch gewählte Nationalrat gab sie der damaligen Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey (69).
Ungemütlich für Blocher: Die nun freigegebenen Daten fallen in jene Zeit, in der T. und Lei beredeten, ob sie Hildebrands Konto öffentlich machen sollen. Und in der Lei mehrmals Kontakt zu Blocher hatte. Doch stiftete er Lei und T. an, das Bankgeheimnis zu verletzen? Vermutlich klären es die jetzt zugänglichen Daten.
Selbst wenn Blocher schuldig wäre, bleibt er allenfalls straffrei. Ein Richter könnte urteilen, er habe im Interesse der Schweiz gehandelt – und durch sein Delikt das Ansehen der Nationalbank gerettet.
Mitarbeit: Marcel Odermatt
* Name der Redaktion bekannt.