Das Domino nach dem Mauerfall

Wie das Ende der DDR die Globalisierung entfesselte, den islamischen Terrorismus beflügelte – und die Löhne im Spitzenfussball in die Höhe trieb.

Von Peter Hossli

20_60_MauerfallAm 8. November 1989 scheint die Welt noch aufgeräumt. Es gibt die Guten im Westen, die Bösen im Osten, Reiche im Norden, Arme im Süden.

Am Tag darauf fällt die Mauer in Berlin. Mit ihr enden die Sowjetunion, der Kalte Krieg und die bipolare Weltordnung. Fortan entfesselt sich die Globalisierung.

Westliche Konzerne erobern weltweit neue Märkte. Computer, die nun in jedem Büro stehen, und das Internet ermöglichen den raschen Austausch von Informationen – und die Auslagerung von Arbeit in Länder wie Indien.

Rumänien, Polen und Bulgarien lösen sich von der Sowjetunion und stossen später mit den baltischen Staaten zur Europäischen Union (EU). Dort etabliert sich das vereinte Deutschland rasch als stärkste Kraft.

jelzinIn Russland setzt ein Wettlauf um staatliche Konzerne ein. Wer es mit Präsident Boris Jelzin (1956–2007) kann, krallt sich eine Ölfirma. Oligarchen beherrschen nun das Land. Sie kaufen in Nizza Häuser, in Genf Uhren, Yachten in Bremerhaven und Fussball-Clubs in London.

Geopolitisch schwindet Moskaus Einfluss. Der mörderische Balkan-Krieg entbrennt.

Amerika feiert sich als Sieger des Kalten Kriegs. US-Präsident Bill Clinton (68) führt sein Land durch einen unvergleichlichen Wirtschaftsboom. Sogar die Armen dort werden ein wenig reicher. Clinton will mehr und liberalisiert die Banken.

clinton_lewinskySpäter wird dies als zentrale Ursache der Finanzkrise ab 2008 gesehen. Clintons Affäre mit der Praktikantin Monica Lewinsky (heute 41) verhindert, dass sein Vizepräsident Al Gore (66) ihn beerbt. Stattdessen zieht der Republikaner George W. Bush (68) ins Weisse Haus.

Nach dem Fall der Mauer wendet sich die Sowjetunion von Afghanistan ab. Zurück bleiben Chaos, viele Waffen – und islamische Fundamentalisten, einst von den USA im Kampf gegen die Russen unterstützt. Die Taliban übernehmen die Kontrolle. Sie gewähren dem saudischen Terrorfürsten Osama bin Laden (1957 – 2011) Asyl. Von Afghanistan aus koordiniert er das Terrornetzwerk Al-Kaida.

911Am 11. September 2001 lässt bin Laden vier Passagierjets entführen, die New York und Washington angreifen. Nun ist die Welt wieder zweigeteilt. «Entweder seid ihr mit uns oder gegen uns», warnt Bush.

Der Präsident bläst im März 2003 zum Angriff auf Iraks Diktator Saddam Hussein. (1937–2006). Das Land zerbricht. Heute hält die Terrorbande Islamischer Staat weite Teile des Iraks im Griff.

Gegen den Irakkrieg stellt sich Barack Obama (53). Diese Haltung bringt ihn 2008 ins Weisse Haus. Dass erstmals ein Schwarzer mächtigster Mann der Welt ist, und dass ein Diktator wie Hussein stürzte, sehen Historiker als zentrale Zünder für den Arabischen Frühling.

crimea-updateMit Hilfe der Oligarchen führt Präsident Wladimir Putin (62) Russland wie ein Zarenreich. Er annektiert Teile der Ukraine. USA und die EU verhängen Sanktionen. 25 Jahre nach dem Mauerfall scheint der Kalte Krieg zurück.