Die 3 Szenarien im CS-Streit

Die Credit Suisse sitzt in den USA in der Klemme. Alle Lösungen sind schwierig. Am wahrscheinlichsten scheint bundesrätliches Notrecht.

Von Peter Hossli

cs-nycDie Amerikaner wissen genau, wann sie einen geladenen Colt auf den Tisch legen müssen.

Mitte letzter Woche berichtete die «New York Times», das US-Justizdepartement (DoJ) bereite eine Strafanzeige gegen die Credit Suisse vor. Das Blatt stützte sich auf Quellen aus dem DoJ. Am Freitag traf Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf (58) den amerikanischen Justizminister Eric Holder (63), Chef im DoJ.
Das Treffen stand seit langem fest. Eine Notaktion war es nicht. Mit dem Presse-Leck wollte Holder einzig zeigen: Der Sheriff bin ich.

Kleinlaut die Schweizer Finanzministerin. «Die Schweiz engagiert sich bei den amerikanischen Behörden für ein faires und ausgewogenes Verfahren und die Wahrung der Verhältnismässigkeit», so die offizielle Version der Begegnung. «Damit Schweizer Banken nicht schlechter behandelt werden als andere Banken.»

Was am Freitag in Washington wirklich beredet wurde, «können Sie sich selber zusammenreimen», heisst es aus dem Eidgenössischen Finanzdepartement.
Es ging vornehmlich um die Credit Suisse (CS). Die zweitgrösste Bank der Schweiz steckt in den USA in der Klemme – seit über drei Jahren. Redlich bemüht sich Finanzministerin Widmer-Schlumpf, die Bank zu befreien.

Sie weiss: Es gibt drei Lösungen. Keine davon ist einfach.

Worum geht es? Die USA beschuldigen die CS, amerikanischen Bürgern jahrelang beim Steuerbetrug geholfen zu haben. Die CS streitet das nicht ab. Gerne würde sie wie die UBS 2008 ein sogenanntes Deferred Prosecution Agreement (DPA) schliessen. Damit kann sie eine Strafklage abwenden. Zumal eine solche brandgefährlich wäre. Seit 2002 überlebte keine Firma, die in den USA eine Strafklage fasste.

Nötig für ein DPA wären: ein Eingeständnis von Fehlern und eine Bussenzahlung. Dazu die Übergabe von Namen steuersäumiger US-Kunden. Die US-Behörden wollen damit Strafprozesse führen. Diese heikle letzte Anforderung kann die CS nicht alleine erfüllen, obwohl die Daten bereitliegen. Im Weg steht das Bankgeheimnis. Es gibt nun drei juristische Szenarien, um diesen gordischen Knoten zu zerschlagen:

1. Der Bundesrat greift wie bei der UBS zu Notrecht. Politisch ist das heikel. Er müsste erneut eine Bank retten und das eigene Wort brechen.

2. Ein CS-Manager bricht das Bankgeheimnis und liefert die gewünschten Daten selbst in die USA. Er muss sich dann der Schweizer Strafjustiz stellen. In Frage käme VR-Präsident Urs Rohner (54). Wahrscheinlich ist das jedoch nicht. Die CS und Rohner hätten bei ihren Kunden jegliche Glaubwürdigkeit verspielt.

3. Der US-Senat ratifiziert das Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) von 2009. Es erleichtert das Aushändigen von Namen steuersäumiger Kunden. Dagegen sperrt sich Senator Rand Paul (51) aus Kentucky, und zwar seit Jahren. Es gibt keinerlei Hinweise, dass sich daran rasch etwas ändern könnte.

Das DoJ gehe zu lasch mit Schweizer Banken um, kritisierte Senator Carl Levin (79) Ende Februar bei einem Senats-Hearing. Eine Kritik, die wirkte. Der Druck vom DoJ habe seither merklich zugenommen, ist aus CS-Kreisen zu hören. Was die jüngste Klagedrohung in der amerikanischen Presse dramatisch bestätigt.

Bei der Credit Suisse steigt der Frust. Seit Jahren ist der Steuerstreit mit den USA erste Priorität in der CS-Konzernleitung. Eine Lösung aber ist nicht in Sicht.

Es bleibt die Hoffnung, die Politik helfe. Obwohl CS-Banker dies in Gesprächen zurückweisen.

Klar ist: Die Lösung wird für die Credit Suisse weit teurer als die 780 Millionen Dollar, welche die UBS damals zahlte. Die Rückstellungen der CS betragen bereits jetzt 900 Millionen Franken.

Busse tun kann die Bank erst, wenn sie Daten liefert. Zuletzt wird der Bundesrat wohl zu Notrecht greifen. Zumal nirgends eine Hellebarde rumliegt, die die Schweizer auf den Tisch hauen könnten.