Charmeur oder Terrorist?

Irans Präsident macht auf Schmusekurs, Israelis glauben ihm kein Wort

Von Peter Hossli

rohaniDas Katz- und Mausspiel fängt am Morgen an – per E-Mail. Israels Präsident Shimon Peres (90) lädt Journalisten zum Gespräch ein. Auf 11.15 Uhr. Wer dabei sein will, muss um 10.15 Uhr im Hotel Seehof sein. Zur selben Zeit spricht der iranische Präsident Hassan Rohani (65) in Davos.
Klar ist: Israel stört die Charmeoffensive von Erzfeind Iran.

Israelische Beamte überprüfen im Seehof Journalisten, durchsuchen ihre Taschen, fragen: «Haben Sie eine Waffe dabei?» Von Bildschirmen lächelt derweil Rohani. Wartende Journalisten verfolgen seine Rede auf ihren Laptops. Rohani umgarnt den Westen. Er verspricht, Iran entwickle keine nukleare Waffen. Betont am WEF selbstbewusst, Iran sei bald eine der «zehn wirtschaftlich mächtigsten Nationen».

Was in Syrien geschehe, sei eine traurige Katastrophe, sagt Rohani. «Wir müssen alle zusammenarbeiten, um Terroristen aus Syrien zu vertreiben.» Seine Lösung für das geschundene Land: «Faire Wahlen.»

Überhaupt, so Rohani, Iran setze sich ein für Frieden in der Region. «Wir streben zu allen Staaten friedliche Beziehungen an.» Eine Aussage, die ihm tosenden Applaus einträgt – und reichlich Hoffnung macht.

peres_davosNicht nur. Bei WEF-Gründer Klaus Schwab (75) löst sie Misstrauen aus. «Wollen Sie wirklich mit allen Ländern friedliche Beziehungen?», fragt er Rohani. «Wirklich mit allen?»

Schwab wagt es nicht, das Land beim Namen zu nennen, an das alle denken: Israel, den jüdischen Staat, den Iran als «Ding» verunglimpft. Rohani windet sich. «Mit allen Ländern, die wir offiziell anerkennen.» Er meint damit: Iran anerkennt Israel nicht, darum gibt es keine friedliche Beziehungen zu Israel.
Schwab ist enttäuscht, fragt nach: «Vielleicht mit Ländern, die Iran dereinst anerkennen wird?» Rohani schweigt. Keinen Spalt öffnet er die Türe zu Israel.
Trotz warmen Temperaturen – in Davos herrscht Eiszeit.

Zu spüren ist das im Seehof. Eine halbe Stunde zu spät trifft Shimon Peres ein, begleitet von Bodyguards. Er kommt gleich zur Sache – und kontert Rohani. Dessen Rede sei «eine grossartige, ungenutzte Chance» gewesen. Von Altersmilde ist beim Greis wenig zu spüren. Er schimpft Iran das «weltweite Zentrum des Terrors» – und verunmöglicht so, worauf viele hofften: ein Treffen zwischen ihm und Rohani in Davos. «Er will keinen Frieden im Nahen Osten», so Peres.

Ein Hohn sei, was Rohani zu Syrien sage. «Er könnte das Blutvergiessen in Syrien stoppen, wenn er kein Geld und keine Waffen mehr an Hisbollah schickt», sagt Peres. «Doch das hat er nicht angekündigt.»

bibi-WEFDoppelzüngig sei, wenn Rohani faire Wahlen in Syrien fordere, so Peres. «Für Wahlen braucht es Stimmzettel, nicht Patronen – Rohani schickt ­Patronen nach Syrien.»

Am Nachmittag tritt der israelische Premier Benjamin Netanyahu (64) nach, greift Rohani mit harschen Worten an. «Er predigt Frieden – und lässt auf öffentlichen Plätzen im Iran Menschen hinrichten.» Er glaube Rohani kein Wort, sagt Netanyahu. «Was er sagt, tönt gut, ich wünschte, es wäre real, aber leider ist es das nicht.»

Klar wird: Das WEF wird keine Nahost-Geschichte schreiben. Und Rohani ist beleidigt, sagt am Abend ein längst vereinbartes Pressegespräch mit Journalisten ab – per E-Mail.