Ösis trocknen uns schon vor Sotschi ab

Schweizer Firmen ergatterten für die Olympischen Winterspiele viel weniger Aufträge als erwartet. Die Österreicher scheffeln hingegen über eine Milliarde.

Von Peter Hossli und Claudia Stahel

sotschi_hausBereits 26 Tage vor den Olympischen Spielen kassiert die Schweiz die erste Niederlage gegen Erzfeind Österreich – in der Disziplin Geschäftemachen.

Über 50 österreichische Firmen holten Aufträge rund um die Winterspiele im russischen Sotschi. Aussenwirtschaft Austria, das Österreicher Pendant zum Schweizer Exportförderer Switzerland Global Enterprise (vormals Osec), schätzt das Volumen auf 1,2 Milliarden Euro. Ein Vielfaches der Aufträge an Schweizer Firmen.

Rund 11 Schweizer Unternehmen mischen in Sotschi direkt mit (siehe Tabelle). Eine Umfrage zeigt: Das Auftragsvolumen beläuft sich in Franken auf einen tiefen dreistelligen Millionenbetrag – weit unter den Erwartungen! 2008 setzte der damalige Osec-Regionaldirektor Axel Bermeitinger zum Ziel,  «ein Auftragsvolumen von bis zu 2 Milliarden Franken für Schweizer zu generieren».

Marc Buser, leitender Berater für Osteuropa bei Switzerland Global Enterprise, gibt heute zu: «Diese Schätzung war zu euphorisch.» Zu hoch war das Ziel nicht gesteckt, zeigen die Österreicher. So asphaltierte der Wiener Bauriese Strabag Strassen rund um Sotschi, baute den Flughafen um und errichtete das Olympische Dorf mit 2300 Appartments. Das Auftragsvolumen: über 400 Millionen Euro. Bei den Schweizern trumpfte am ehesten der Thurgauer Tribünenbauer Nüssli auf. Er erstellte sechs Pavillons, darunter das House of Switzerland. Das Auftragsvolumen: ein tiefer zweistelliger Millionenbetrag. Einen tiefen sechstelligen Frankenbetrag sicherte sich Bernhard Russi (65): Mit seiner Firma Alpin Consult baute er alle Skipisten.

Die Russen haben fast 40 Milliarden Euro in die Spiele investiert. «Ohne lokale Präsenz und die notwendigen Beziehungen ist ein kurzfristiger Markteintritt in Russland kaum möglich», sagt Buser. «Schmieren entspricht nicht  Schweizer Geschäftsgebaren.»

Dass bei den Österreichern Bestechungsgeld floss, verneint  Dietmar Fellner, österreichischer Wirtschaftsdelegierter in Moskau: «Da lege ich meine Hand ins Feuer.» Die Österreicher gaben aber Gas: «Wir sind mit unserer Olympiakandidatur für Salzburg gegen Sotschi unterlegen», so Fellner. «Wenn die Russen die Spiele kriegen, wollten wir wenigstens mitverdienen.» Seine erste Wirtschaftsdelegation, die 2008 nach Sotschi reiste, umfasste über 60 Firmen. Noch im selben Jahr eröffnete der Exportförderer ein eigenes Büro am Schwarzen Meer. Und die Schweiz? Die erste Reise umfasste gerade einmal  17 Firmen. Eine Schweizer Anlaufstelle in Sotschi? Fehlanzeige. «Die Schweizer Wirtschaft besteht zu 99,7 Prozent aus KMUs – bei vielen von ihnen war Russland noch zu wenig im Fokus», sagt Buser. «Für die Winterspiele 2018 im südkoreanischen Pyeongchang sollten wir eine Taskforce einsetzen.»

Schweizer Firmen und ihre Projekte in Sotschi

Alpin Consult Projektierung und Bau der Skipisten
Amberg Engineering  Beratung beim Tunnelbau
Botta Management  Projektierung von Stadien
CWA Constructions  Gondeln für 17 Seilbahnen
Garaventa Überholung einer Standseilbahn
Geobrugg Lawinenverbauung, geologische Risikoanalysen
iArt Kinetische Fassade für den Pavillon von Sponsor Megafon
Implenia Beratung für komplexe Hochbauprojekte
Nüssli Bau von 6 Pavillons, darunter das House of Switzerland
Schlegel Innenausbau von 54 Eisenbahnwaggons
Sensalpin Lawinensicherung