Von Peter Hossli
Verblüfft blickt die Welt derzeit auf die USA. Seit Tagen steht der Staat still. Republikaner im Kongress weigern sich, weiteres Geld für die Haushaltskasse zu sprechen. Zwei Tage Zeit blieb etwa Campern in Nationalparks, ihre Zelte abzuräumen. Lehrer beruhigen ihre Schüler: weder Mexikaner noch Kanadier würden ins Land einfallen. Die Grenzen seien sicher.
Grund zur Aufregung besteht noch nicht. Seit 1977 stehen die USA zum 17. Mal still. Echtes Ungemach droht allerdings am 17. Oktober. Dann sind die USA theoretisch zahlungsunfähig. Passiert ist das noch nie zuvor. Die Folgen für die Weltwirtschaft aber wären fatal.
Abwenden kann der Absturz der Finanzmärkte der Kongress, indem er die Schuldenobergrenze erhöht. Derzeit liegt die Limite bei 16,7 Billionen Dollar – bei 15,14 Billionen Franken.
16700000000000 Dollar Schulden? Das sind gemäss Währungsfond 87 Prozent des US-Bruttoinlandprodukts (BIP). Wobei andere Länder prozentual stärker verschuldet sind. In Japan betragen die Schulden 134 Prozent des BIP, in Griechenland sind es sogar 155 Prozent.
Die 15,14 Billionen Franken US-Schulden entsprechen 25,6-mal der jährlichen Wertschöpfung der gesamten Schweiz.
Damit kaufen könnte man 365 Millionen nigelnagelneue VW-Golfs in bester Ausstattung. Stellt man diese Autos hintereinander auf, ergäbe das eine 1,5 Millionen Kilometer lange Kolonne. Diese Blechschlange reichte 38,4-mal um den Erdball.
In Gold aufgewogen entsprechen die US-Schulden 396542 Tonnen. Das ist mehr als doppelt so viel Gold, wie weltweit alle Minen bisher schürften.
Verdient man pro Sekunde 10000 Dollar, dauert es über 50 Jahre, um 16,7 Billionen zu erhalten. In 100-Dollar-Noten wiegt die amerikanische Schuldenlast 166649 Tonnen. Das entspricht dem Gewicht von 25 Eiffeltürmen aus rohem Stahl.
Wobei sämtliche amerikanischen Schulden noch weit schwerer sind. Bei den 16,7 Billionen Dollar handelt es sich nur um die Verpflichtungen des Bundesstaats. Zählt man die Gliedstaaten, Konzerne sowie Privatpersonen dazu, ergibt das einen Schuldenberg von 70 Billionen Dollar. Damit liess sich eine VW-Golf-Karawane finanzieren, die 160-mal die Erde umrundet.
Wie aber kommt US-Präsident Barack Obama bis am 17. Oktober zu noch mehr Cash?
Er braucht die Zustimmung des republikanisch kontrollierten Kongresses. Oder doch nicht? Findige Rechtsgelehrte haben eine Alternative gefunden. Seit 1868 ist es Präsidenten in Kriegszeiten erlaubt, sich ohne Kongress zu verschulden. Der damalige Präsident musste alte Rechnungen des Bürgerkriegs begleichen. Juristen glauben, das Verfahren liesse sich auf Krisen in Friedensjahren übertragen.
Zudem bleibt die Notenpresse. Die USA können ohne zu fragen so viele Dollar drucken wie nötig. Das Nachsehen haben ausländische Debitoren. Sie tragen 47 Prozent der US-Staatsschulden. Druckt Obama Geld, sinkt der Wert ihrer Dollar.