Von Peter Hossli
Blendend sieht Angela Merkel aus. Strahlt wie eine Siegerin. Sie scherzt, flirtet mit ihrem Mann. Sie schwärmt von Farben – und meint damit die Couleur ihres Anzugs und nicht von Parteien.
Ihr Wahlresultat beschwingt die Kanzlerin. Und froh ist sie, die absolute Mehrheit im Bundestag knapp verpasst zu
haben.
Alleinherrscher schrecken die Deutschen ab, weiss die kluge Kanzlerin. Seit dem Krieg war jede deutsche Regierung eine Koalition. Trotz Mehrheit nahm sich der alte Adenauer 1957 einen Partner.
Der richtige Partner für Merkel ist die SPD, die grosse eine gute Koalition. Sie vereint die tragenden Kräfte. Und das Volk will sie. Die Deutschen haben es gerne langweilig und stabil.
Erledigen lassen sich so kostspielige Aufgaben, die das Land erwarten. Die brüchige Infrastruktur, der Osten, die Energiewende, die Überalterung.
Die Schweiz – selbst regiert von einer grossen Koalition – würde profitieren. Bilaterale Probleme wie Schwarzgeld, Fluglärm und Strom sind eher zu regeln, wenn Bundestag und Länderkammer die gleiche politische Schattierung tragen.
Bald mehr Verantwortung fällt dem wirtschaftlich mächtigen Deutschland in der Welt zu. Noch ist der Euro nicht gerettet, die Arbeitslosenrate in Südeuropa hoch, Syrien ein Pulverfass. Um pragmatisch mitzuhelfen, braucht Merkel den Rückhalt aller deutscher Lager – und die Welt die Gewissheit, dass in Deutschland die Macht breit verteilt ist.