Von Peter Hossli und Matthias Pfander
Nur das Klicken von Kameras sei zu hören gewesen, als Bundesrat Schneider-Ammann gestern in Peking Geschichte schrieb. Gemeinsam mit Chinas Handelsminister Gao Hucheng unterzeichnete er ein 1152 Seiten starkes Freihandelsabkommen. Kaum war die Tinte trocken, hoben sie das Weissweinglas zum Prosit. 150 geladene Gäste tranken mit, darunter viele Schweizer Geschäftsleute.
Es ist der erste solche Pakt, den China mit einem hoch entwickelten Land schliesst. Für das Reich der Mitte wird die Schweiz zum Testlauf: Zeigen will es, dass seine Produkte ohne Zollschutz gegen hochwertige Importe bestehen können.
Im Herbst und Winter befindet das Schweizer Parlament über das Freihandelsabkommen, frühestens 2014 soll dieses in Kraft treten. Grund zum Feiern haben vor allem die Schweizer Exporteure: Noch besser erschliesst sich ihnen ein Markt mit 1,35 Milliarden Menschen. Deren Kaufkraft steigt stetig. Zuletzt belief sich der Handel zwischen den beiden Ländern auf 18,1 Milliarden Franken.
Als «sehr wichtig» erachtet Barend Fruithof, Leiter Firmenkundengeschäft der Credit Suisse, die gestrige Unterschrift. Die Schweiz steige damit zum bedeutendsten Handelsplatz der chinesischen Währung auf. «Ein logischer nächster Schritt für den Finanzplatz Schweiz ist, ein Renminbi-Zentrum zu werden», so Fruithof. Die CS sei «sehr daran interessiert», Clearingstelle für den Renminbi zu werden.
Auch die Industrie freut sich. «Der erleichterte Zugang zum chinesischen Markt stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Exportindustrie», so Swissmem-Sprecher Ivo Zimmermann. Plötzlich sei man gegenüber Konkurrenten aus der EU im Vorteil, «da diese noch nicht über ein vergleichbares Abkommen mit China verfügen».
Zimmermann rechnet mit einem «signifikant steigenden Handelsvolumen» mit China. «Das sichert Arbeitsplätze in der Schweiz. Zudem werden Schweizer Produkte besser geschützt.»
Das Abkommen enthalte «ein substanzielles Kapitel zum Schutz des geistigen Eigentums», pflichtet ihm ein Roche-Sprecher bei. Das sei wichtig, um Urheberrechte in Schwellenländern durchzusetzen.
Uhrenverbandspräsident Jean-Daniel Pasche sagt, man erhalte «Rechtssicherheit, einfacheren Zugang zu Behörden und Markt. Exporte werden zunehmen.»
Die lange skeptischen Bauern sind «vorsichtig optimistisch», sagt der Präsident des Bauernverbands, CVP-Nationalrat Markus Ritter. «Der chinesische Markt bietet für Schweizer Milchprodukte Exportmöglichkeiten im Premiumsegment.» Aber, so Ritter: «Für eine abschliessende politische Beurteilung ist es noch zu früh.» Das Referendum ergreifen die Bauern wohl nur, wenn sie auf den 1152 Seiten ein Problem sehen.