Schluss mit Mauscheleien bei Jolie-Test

Widerrechtlich lässt sich eine US-Firma ihre Krebstests von Schweizer Krankenkassen bezahlen. Jetzt reagiert das BAG.

Von Peter Hossli

Vor einer Woche berichtete der SonntagsBlick, dass Schweizerinnen ihr Blut in die USA schicken. Sie lassen es auf die Brustkrebs­gene BRCA1 und BRCA2 untersuchen. Krankenkassen zahlen den Ausland-Test – obwohl er in Spitälern in Genf und Aarau durchgeführt werden könnte. Genau das aber verbietet Schweizer Recht.

Möglich macht es eine Mauschelei. Ärzte liefern Blutproben ihrer Patientinnen an Schweizer Labors. Diese senden sie weiter nach Amerika. In Utah testet sie der Konzern Myriad Genetics. Die Rechnung an die Krankenkassen aber stellen die Schweizer Labors.

Aufgerüttelt von SonntagsBlick wird das Bundesamt für Gesundheit (BAG) aktiv – und schiebt der widerrechtlichen Praxis einen Riegel. Das BAG klärt ab, «welche Labors die Brustkrebstests zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung unerlaubterweise im Ausland durchführen lassen», sagt BAG-Sprecherin Michaela Kozelka. Das BAG weist Kassen an, «dass sie im Ausland durchgeführte Tests nicht vergüten dürfen». Generell gelte: «Nur das Labor, das den Test tatsächlich durchführt, darf eine Rechnung stellen.»

Ein US-Star rückte den Brustkrebstest ins Bewusstsein. Schauspielerin Angelina Jolie (37) trägt das mutierte Gen BRCA1. Sie hat deshalb ein stark erhöhtes Risiko, an Brust- und Eierstockkrebs zu erkranken. Um es zu mindern, liess sich Jolie beide Brüste entfernen.

Für Myriad ist ihr Fall unangenehm. Der Konzern hat die Gene BRCA1 und BRCA2 entdeckt und patentiert. Im Sommer entscheidet das oberste US-Gericht, ob Myriad diese Patente behalten darf. Vorauseilend und reichlich aggressiv versucht die Firma aus Salt Lake City ihr Fast-Monopol am Test zu sichern. So verbreiten ihre Marketingleute, Patientinnen in Genf und Aarau müssten bis zu sechs Monate auf ihre Resultate warten. «Kein Fall dauert länger als zwei Monate», sagt Benno Röthlisberger, leitender Arzt Medizinische Genetik am Kantonsspital Aarau. «Myriad wirbt mit falschen Angaben», so Genetiker ­Pierre Chappuis vom Universitätsspital Genf. Er liefere Testresultate in «weniger als 30 Tagen».

Schweizer Kassen sollen die My­riad-Tests bald direkt zahlen, hofft Myriad-Manager Gary King. Deshalb habe er beim BAG ein Gesuch gestellt. «Wir warten auf den Entscheid.» Ob er angesichts der bisher angewendeten Tricks positiv ausfällt, ist fraglich. Krankenkassen aber hoffen darauf. «Wir setzen uns dafür ein, dass unsere Versicherten vom qualitativ hochstehenden Myriad Brustkrebsgentest profitieren können», sagt Helsana-Sprecherin Claudia Wyss.

Warum? Myriad ist billiger, verlangt in den USA 4000 Dollar. In Aarau kostet der Test gemäss Listenpreis 7641 Franken. Wickeln ihn Schweizer Labors über die USA ab, zahlen Kassen 4500 Franken.