Interview: Claudia Gnehm und Peter Hossli Fotos: Daniel Rihs
Das Büro von PostFinance-CEO Hansruedi Köng liegt auf der dritten Etage in einem bescheidenen Berner Geschäftshaus. Bald zieht er um, in einen neuen, 55 Meter hohen Turm in Bern Wankdorf – als «Aufstieg» sieht Köng das nicht. Im Juni erhält die PostFinance eine Banklizenz – auch mit dieser soll das Geldinstitut der Post «die beste Retailbank sein für Kunden, die ihre Finanzen gerne selbst bewirtschaften.» PostFinance soll führend bleiben im Schweizer Zahlungsverkehr – vorerst aber mit weniger Gewinn.
Herr Köng, Sie erzielten letztes Jahr 631 Millionen Franken Gewinn. Das wird 2013 kaum möglich sein …
Hansruedi Köng: … richtig.
Sie müssen jährlich 200 Millionen Eigenkapital aufbauen und mehr Steuern zahlen. Wie viel werden Sie der Post AG künftig abliefern?
Wenn wir von einem hypothetischen Gewinn von 500 Millionen ausgehen, fallen 200 Millionen für die Eigenkapitalaufstockung und 100 Millionen für Steuern weg. Dann bleiben noch 200 Millionen Franken, die wir potenziell ausschütten können.
Sie verwalten über 100 Milliarden Kundengelder – und können sie bei den tiefen Zinsen kaum gewinnbringend anlegen …
… und doch erzielen wir einen hohen Gewinn.
Betriebswirtschaftlich macht es wenig Sinn, so viel Geld einzunehmen und es zu deponieren.
Sie haben recht, man könnte es gewinnbringender anlegen. Ob es betriebswirtschaftlich sinnvoll ist, ist eine andere Frage. Es kämen regulatorische Kosten und Risikokosten hinzu. Langfristig ist es für uns aber nicht die beste Strategie, Geld unverzinst bei der Nationalbank zu lagern.
In welchen Geschäftsfeldern würden Sie gerne ausbauen?
Wenn die Zinsdifferenzen grösser werden, verdienen wir im herkömmlichen Geschäft wieder mehr. Das Kreditverbot schränkt uns ein. Wir respektieren jedoch diesen politischen Willen des Eigentümers.
Glücklich macht Sie das nicht?
Das Kreditverbot ist weder betriebswirtschaftlich noch volkswirtschaftlich optimal. Man sollte wieder einmal darüber nachdenken.
Sie geben bereits Kredite an Gemeinden und Städte.
Es ist sinnvoll, mit in der Schweiz gesparten Geldern öffentlich-rechtliche Körperschaften zu finanzieren. Es bestünde hierzulande ausserdem das Bedürfnis, dass wir künftig Kredite an Konsortien in der Schweiz vergeben. Leider verhindert dies das Kreditverbot.
Bei Hypotheken arbeiten Sie mit Partnern zusammen. Weil Sie es alleine nicht schaffen?
Dies ist der Wille der Politik. Selbstverständlich könnte PostFinance ein eigenständiges Hypothekengeschäft stemmen. Es wäre sehr sinnvoll, wenn wir das täten.
Besteht in der Schweiz das Risiko einer Immobilienblase?
Die Gefahr einer Immobilienblase ist gegeben. Je länger die Hypotheken praktisch zum Nulltarif vergeben werden, desto mehr steigt die Gefahr monatlich an.
PostFinance könnte Aktien herausgeben. Muss die Post denn Mehrheitsbesitzerin bleiben?
Gemäss Gesetz muss die Post mindestens 51 Prozent der Post-Finance-Aktien halten. Wir könnten einen Teil des Aktienkapitals im Publikum platzieren, aber es gibt dazu heute keine Pläne.
Warum nicht ein Börsengang?
Das muss der Eigentümer entscheiden. Für mich ist es wichtig, dass für die Geschäftsentwicklung genügend Eigenkapital da ist.
Sie könnten sich vorstellen, CEO einer börsenkotieren PostFinance zu sein?
Ja, problemlos.
Ein Börsengang verlangt Transparenz. Wie viel verdienen Sie?
Der Lohn des PostFinance-CEO wird im nächsten Geschäftsbericht ausgewiesen.
Steigt Ihr Gehalt nach der Umwandlung Ende Juni 2013?
Ich verdiene im ersten halben Jahr 2013 gleich viel wie im zweiten.
Innerhalb der Post war die PostFinance einer der wenigen Bereiche, der Arbeitsplätze schuf. Wie viele sind es dieses Jahr?
Wir wachsen nicht im gleichen Tempo weiter wie in den letzten zehn Jahren. Vereinzelt schaffen wir neue Stellen, aber in der Summe bleiben wir stabil.
Sie verzeichneten im letzten Jahr 13 Prozent mehr Neugelder. Geht das 2013 so weiter?
Wir haben nach wie vor Nettogeldzuflüsse, aber nicht mehr in der bisherigen Dimension.
Auch nicht aus Zypern?
Davon merken wir nichts.
Nähmen Sie denn Zyprioten an?
Zypern ist nicht im Kreis der Länder, von denen wir Kunden annehmen. Wir beschränken uns auf umliegende Staaten. Natürlich können Auslandschweizer aus Zypern bei uns ein Konto eröffnen. Doch ohne spezifische Gründe nehmen wir keine Zyprioten an.
Was kann ein Grund sein?
Wenn ein Zypriot eine Ferienwohnung in der Schweiz hat und nachweisen kann, dass er ein Konto für den Zahlungsverkehr braucht.
Schweizer Banken stossen Schweizer Kunden im Ausland ab. Die Post-Finance ist für Auslandschweizer oft die letzte Hoffnung. Wie lange noch?
Auslandschweizer müssen nicht hoffen. Sind sie Schweizer Bürger, können sie bei uns Konten führen. Es sei denn, sie wohnen in kritischen Embargo-Gebieten wie Iran.
Im Parlament ist ein Vorstoss hängig, der den Grundversorgungsauftrag auf Auslandschweizer ausdehnen will. Was halten Sie davon?
Wir bieten das ohnehin an. Es gesetzlich zu verbriefen, ist problematisch. Was, wenn ein Gesetz im Ausland ausländischen Banken verbietet, Bankgeschäfte anzubieten? Dann wären wir von der Schweiz aus gezwungen, ausländisches Recht zu brechen.
Derzeit teilt die PostFinance Schweizer Kunden in den USA mit, sie würden ihre Fonds zwangsverkaufen. Das ist nicht gerade die feine Art.
Für US-Personen ist der Handel mit Wertschriften ausgeschlossen. Was die feine Art betrifft, so wollen wir für unsere Firma und die Mitarbeitenden Konflikte mit ausländischen Behörden verhindern. Wenn daraus eine unfeine Art entsteht, tut mir das persönlich leid. Muss ich eine Geschäftsbeziehung auf die unfeine Art einschränken, um ausländisches Recht einzuhalten, erkläre ich das den Kunden und hoffe auf ihr Verständnis.