Nachbar will Vasellas Traum-Projekt bodigen

Mit Geld versuchte Novartis, die Gegner des Schulungszentrums in Risch umzustimmen. Die sind nicht käuflich.

Von Peter Hossli und Claudia Gnehm (Text) und Sabine Wunderlin (Foto)

Seine Aussicht auf den Zugersee ist prächtig. «Neid kann mir niemand vorwerfen», sagt der Allgemeinarzt Christoph Schnyder (56). Er kämpft gegen das Lieblingsprojekt eines anderen Arztes – seines Nachbarn Daniel Vasella (59). Seit 2006 stellt sich Schnyder gegen das Novartis-Schulungszentrum in Risch ZG. Vasella war die treibende Kraft hinter der 100-Millionen-Franken-Anlage.

Jetzt verlässt Vasella Risch. Und die Chancen für den Bau sind noch kleiner geworden. «Als ehemaliger Spitzensportler weiss ich: Es siegt immer, wer den besten Endspurt hinlegt», sagt Schnyder, einst ein hervorragender Ruderer. «Ich haben den längeren Atem.»

An der Urne sagten die Rischer 2011 knapp Ja zum Projekt. Zudem beurteilte ein Gutachten der Eid­genössischen Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) die Anlage als umweltverträglich.

Geblieben ist der heftige Widerstand der Anwohner sowie hängige Einsprachen bis vor Bundesgericht. So konnte das Baugesuch noch nicht eingereicht werden. Selbst Novartis glaubt nicht mehr an den geplanten Spatenstich im 2014.

Schnyder zielt auf die für das Zentrum nötige Verlegung der Seestrasse, seiner Zufahrtsstrasse. Neu läge sie ganz auf Luzerner Boden.

Ihn stören Willkür und mögliches Präjudiz. «Wenn Meier oder Müller in einem geschützten Gebiet eine Strasse verlegen wollen, haben sie keine Chance», so Schnyder. «Bei Novartis und Vasella soll das aber möglich sein.» Dabei habe die Annahme des Raumplanungsgesetzes verdeutlicht: «Die Schweizer sind mehrheitlich gegen die Verschandelung der Landschaft.»

Irritiert hat den sachlich, nie emotional argumentierenden Arzt das ENHK-Gutachten. Es sei feh­lerhaft, parteiisch – und «politisch skandalös, ein so schlechtes Gutachten auf Papier der Eidgenossenschaft zu drucken».

Schnyder gehört zur Seestrassengenossenschaft mit zwölf Mitgliedern. Die Hälfte sei für die Verlegung der Strasse, die anderen dagegen. Mit Geld versucht Novartis die Stimmung zu drehen. 50000 Franken bot der Konzern für Strassenunterhalt an, «wenn die Genossenschaft und ihre Mitglieder ihre Beschwerden gegen das Projekt zurückziehen».

Beim Mittagessen in einem noblen Restaurant sagte der ehemalige Novartis-Projektleiter zum Arzt: «Geben Sie auf. Vasella kämpft, bis er gewonnen hat.» Schnyder antwortete: «Sie könnten mir Novartis schenken, ich gebe nicht auf.»

Ihn überrasche Vasellas Auszug nicht. «Wir Gegner sind davon ausgegangen, dass er eines Tages genug hat vom Widerstand», so Schnyder. «Persönlich bedaure ich, dass jemand nicht mehr an einem so schönen Ort wohnen kann.»

Das Schulungszentrum hat Stararchitekt Peter Zumthor entworfen. «Es ist ein schönes Projekt», sagt Schnyder. «Mit schönen Projekten könnte man aber die ganze Schweiz zubetonieren.»

Ob Vasella noch involviert ist, will Novartis nicht sagen. Offiziell hält der Konzern an Risch fest: «Wir sind überzeugt, dass dieses Projekt für die Region und für den Standort Schweiz wegweisend ist – und so auch realisiert werden kann.»

Klar ist: Novartis hat bereits am Genfersee und beim Schloss Freudenberg im benachbarten Rotkreuz ZG sondiert. «Ein solches Zentrum kann irgendwo auf der Welt entstehen», so Schnyder. «Es gibt ja nicht nur die Schweiz.»