Ist ein Marokko-Setzling noch Bio?

Nicht nur beim konventionellen Gemüseanbau kommen ausländische Setzlinge zum Einsatz. Bio-Bauern holen sich Jungpflanzen in Afrika.

Von Peter Hossli

Bio-Bauern importieren Jungpflanzen aus Afrika. «Die ersten Bio-Lauch-Setzlinge der Saison stammen aus Marokko», sagt Bio-Suisse-Sprecher Stephan Jaun, hergestellt in afrikanischen Bio-Betrieben. «Es wäre nicht möglich, die Setzlinge so früh in der Schweiz zu ziehen.» Bio-Geniesser aber wollen Schweizer Lauch möglichst früh.

Doch verträgt sich der Geist von Bio mit importierten Jungpflanzen? Zumal die Bio-Suisse-Richtlinien ausdrücklich raten, «in erster Linie inländische» Setzlinge zu verwenden? «Heute stammt mehr als die Hälfte der Jungpflanzen direkt aus der Schweiz», sagt Jaun. «Der Rest wird grösstenteils über Distanzen transportiert, wie sie auch in der Schweiz vorkommen.» Die Mehrheit hat den Ursprung in der Bodensee-Region. Setzlinge für Warmpflanzen wie Tomaten, Gurken und Peperoni kommen aus Holland. «Die Importvolumen und Gewichte sind im Verhältnis zum Ernteprodukt sehr gering», sagt Jaun. Zudem unterliegen die Setzlinge im Herkunftsbetrieb den strengen, 272 Seiten umfassenden Richtlinien von Bio Suisse. Grundsätzlich müssen Bio-Saatgut wie -Jungpflanzen aus «biologischer Herkunft stammen». Untersagt ist gentechnisch verändertes Material. Aus dem Ausland einreisen dürfen Bio-Babys, solange sie nicht fliegen. Die Schweizer Fahne trägt Bio-Gemüse, wenn eine oder mehrere Kulturmassnahmen – Pikieren, Umtopfen oder Stecken – in der Schweiz stattfinden. Und wenn mindestens die Hälfte der Kulturdauer in der Schweiz erfolgt.

2011 lag der Bio-Anteil bei Salaten, Gemüse und Kartoffeln bei 12,2 Prozent, Tendenz steigend. Der Umsatz lag bei 1,74 Milliarden. Viele Bio-Rohstoffe kamen aus aller Welt, etwa aus Marokko.