Schweizer Banken flüchten nach Liechtenstein

Für den Zugang zur EU ziehen Schweizer Banken ins Ländle.

Von Peter Hossli

Unlängst in Vaduz: Fondsmanager aus Europa informieren sich über neue EU-Richtlinien ihrer Branche. Viele palavern auf Schweizerdeutsch. «Fondsveranstaltungen in Liechtenstein sind derzeit sehr gut besucht von Schweizer Banken», sagt Markus Wagner. Weil sie alle im Ländle Ableger eröffnen wollen.

Auch Wagner. Für die Notenstein-Tochter 1741 Asset Management baut er in Liechtenstein eine Verwaltungsgesellschaft für Fonds auf. «Wir wollen im europäischen Raum europäische Produkte lancieren», sagt er. Wagners Firma hat ihren Sitz in St. Gallen – ab Juli ein Nachteil für Schweizer, die im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) Hedgefonds anbieten wollen, ebenso Immobilien-, Rohstoff-, Infrastruktur- und Private-Equity-Fonds.

Ab dann gelten die neuen sogenannten AIFM-Regeln. Deren Folge: «Aus der Schweiz heraus kann man nahezu keine Finanzdienstleistungen im Europä­ischen Wirtschaftsraum anbieten», sagt Wagner. «Vom EWR-Mitglied Liechtenstein aus ist das möglich.» Zumal Liechtenstein als erstes Land Europas die AIFM-Richtlinien anwendet.

Vor allem Pensionskassen und Banken will 1741 Asset Management vom Ländle aus bedienen. Dazu Schweizer Asset-Manager, welche europäische Fondsprodukte auflegen. Mit wenig bürokratischem Aufwand erschliessen die St. Galler die EU.

Sie sind nicht die Einzigen. Das Interesse aus der Schweiz sei gross, sagt der Sprecher der Finanzmarktaufsicht Liechtenstein, Beat Krieger: «Wir haben einige Anfragen aus der Schweiz erhalten. Darunter sind auch namhafte Anbieter.»

Ab 1. April nimmt die Behörde Bewilligungsgesuche entgegen. Krieger will sie unbürokratisch rasch abwickeln. «Wir sind bestrebt, den Gesuchstellern eine gute Dienstleistung zu bieten.» Wagner fühlt sich willkommen: «Die Bereitschaft in Liechtenstein ist gross, Finanzmanager aus der Schweiz anzusiedeln.»

Liechtenstein sei «das Tor der Schweiz zur EU», sagt PWC-Analyst Günther Dobrauz. Er hat eine Studie verfasst zu den Folgen der neuen EU-Regeln für Schweizer Fonds. Insbesondere kleineren Schweizer Banken biete Liechtenstein einen attraktiven Standort. «Viele Schweizer Fondsmanager suchen derzeit nach neuen Domizilen», schreibt Dobrauz. «Liechtenstein scheint die attraktivste von allen zu sein.» 58 Prozent der von ihm befragten Schweizer Verwalter ziehen das Fürstentum in Betracht – doppelt so viele wie das Fonds-Eldorado Luxemburg.

PWC nennt die Vorzüge Liechtensteins. «Das Land liegt nahe der Schweiz.» Zudem sei es «ein vollständiges Mitglied im EWR».

Diese Vorteile nutzt das Ländle. «Wir setzen klar auf den Fondsplatz Liechtenstein», sagt Ländle-Regierungssprecher Markus Amann. «Wir möchten in diesem Bereich Nischen besetzen, die grössere Finanzplätze nicht beanspruchen.»