CS jetzt wegen Waffen im Visier

In den USA kommen Banken unter Beschuss, die sich an Waffenschmieden beteiligen – insbesondere die Credit Suisse. Sie ist an einem Konzern beteiligt, der das gleiche Sturmgewehr herstellt, das der Kinder-Killer von Newtown benutzte.

Von Peter Hossli

Packt ein Mann mit Macht die Wut, hat das meist weitreichende Folgen. Wütend auf die amerikanische Waffenindustrie ist Bill Lockyer (71), der Finanzminister von Kalifornien. Er entscheidet darüber, wo die Pensionskassen des grössten Bundesstaats der USA ihre 400 Milliarden Dollar anlegen.

Wer mit abartigen und illegalen Waffen Geld verdiene, könne künftig nicht mehr mit Anlagen von Kalifornien rechnen. Das sagte Säckelmeister Lockyer kurz nach dem Schulmassaker in Newtown, Connecticut. Dort erschoss am 14. Dezember Adam Lanza (†20) 20 kleine Kinder und sieben Erwachsene. Danach richtete er sich selbst.

Eine schreckliche Tat, die nicht ohne Folgen sein soll, meint Lockyer – und geht hart ins Gericht mit einer Schweizer Bank. «Credit Suisse, geben Sie Ihre Anlagen in Waffenfabriken auf», gemahnte er. Sollte die CS – oder jede andere Bank – nicht aus diesem Geschäft aussteigen, «werden sie die ökonomischen Konsequenzen ihres Verhaltens spüren». Er meint: Kalifornien werde nicht mehr mit Banken geschäften, die Waffenfirmen im Portfolio halten.

Klebt an der CS etwa das Blut von Newtown? Nicht direkt. Todesschütze Lanza benutzte ein halbautomatisches Gewehr vom Typ AR-15, unter Waffennarren bekannt als «die schwarze Flinte». Es ist die zivile Version des legendären Sturmgewehrs M-16, das die amerikanische Armee verwendet. Pro Minute kann eine AR-15 bis zu 45 Schuss abfeuern. Lanza entwendete das Gewehr seiner Mutter. Fab-riziert hatte es der amerikanische Waffenbauer Bushmaster.

Dasselbe Gewehr – und viele andere Pistolen und Flinten – stellt der 1836 gegründete US-Konzern Colt Defense her. Seit 2008 gehört Colt in Teilen der Credit Suisse, bestätigt die CS-Pressestelle. Lange war Colt alleiniger Fabrikant der beliebten AR-15. Stetig verfeinerten Colt-Ingenieure die Büchse.

Der Colt-Anteil der CS liege im «einstelligen Prozentbereich», sagt ihr Sprecher Marc Dosch. Über den Private-Equity-Fonds Sciens beteiligt sich die Schweizer Bank seit vier Jahren an der Restrukturierung der angeschlagenen Waffenschmiede. Mit Erfolg. Fast jedes Jahr steigerte Colt den Umsatz, zuletzt um 19 Prozent. 2011 verkaufte der Konzern Schiessgeräte im Wert von 209 Millionen Dollar.

Colt rüstet weltweit Armeen aus und versieht etliche Polizeicorps in den USA mit Handfeuerwaffen. Daneben baut die Firma Gewehre und Pistolen für «den täglichen Gebrauch», wie ihre Website wirbt. Dazu gehören martialisch anmutende, halbautomatische Knarren, empfohlen für die Jagd.

Erfinder Samuel Colt gründete einst die Firma. Sein berühmtestes Eisen war der Walker Colt, eine Schusswaffe des Wilden Westens. Sie hing in manchen Western-Filmen am Gürtel von John Wayne.

Nun wird der Colt zur Last der CS. Obwohl die Bank sich letzten Juli entschied, aus gewissen Private-Equity-Bereichen auszusteigen – etwa aus dem Fonds hinter Colt. Er ist der Credit Suisse hinderlich bei der Stärkung ihres Eigenkapitals.

Noch aber liegt Colt im CS-Portfolio. Einen genauen Zeitplan für den Verkauf gibt es nicht. Newtown hätte die Abwicklung weder beschleunigt noch verlangsamt, sagt CS-Sprecher Dosch. Er geht von einem Colt-Verkauf «in der ersten Jahreshälfte 2013 aus».

Viel rascher reagiert der amerikanische Private-Equity-Koloss Cerberus. Er kontrolliert die Freedom Group, den Dachkonzern von Bushmaster und die Firma, die Lanzas tödliche Waffe schmiedete. Vier Tage nach Newtown bot Cerberus die Freedom Group zum Verkauf.

Als «Wendepunkt in der nationalen Diskussion über strengere Waffengesetze» bezeichnete Cerberus das Massaker an der Sandy-Hook-Schule. Cerberus weiss: Kommt es in den USA zu einem Verkaufsverbot militärischer Gewehre an Private, fallen zuerst die Preise, dann die Umsätze. Es dürfte sich kaum noch lohnen, die Waffen herzustellen.

Das zeigt die Börse. Seit Newtown fallen die Aktien vieler amerikanischer Waffenschmieden.