Der Dolchstoss in New Jersey

Warum Gouverneur Chris Christie seinem Freund Mitt Romney in den Rücken fiel. Ein Kommentar.

Von Peter Hossli

Eigentlich ist Chris Christie zu dick für die US-Politik. Was der Gouverneur von New Jersey genau weiss. Der Republikaner verspürte im Frühling keine Lust, zwanzig Kilogramm abzuspecken – und verzichtete deshalb auf eine Kandidatur fürs Amt des US-Präsidenten. Stramm stellte er sich hinter Mitt Romney.

Nun fällt er dem Parteikollegen in den Rücken. Im Helikopter von Präsident Obama flog er am Mittwoch über die von Orkan Sandy verwüsteten Gebiete von New Jersey. Hervorragend habe der Präsident auf den Sturm reagiert, lobte der Republikaner Christie den Demokraten Obama vor laufenden Kameras: «Der Präsident stellte das Leben der Menschen über die Politik.» Dass seine Gegner ihn so preisen – daraus kann Obama kurz vor der Wahl politisches Kapital schlagen.

Romney ist erschüttert. Er und Christie galten als gute Freunde. Lange hatte er sich überlegt, den fülligen Gouverneur als Vizepräsidenten aufzustellen. «Obama mit Chris Christie zu sehen, bricht mir das Herz», klagte Romney einem Reporter des «New Yorker». Christie rufe ihn nicht mal mehr zurück.

Hinter dem Dolchstoss steckt Kalkül. Christie profitiert politisch, wenn Obama vier weitere Jahre regiert. Der populäre Gouverneur weiss: Nur dann kann er sich 2016 ums höchste Amt im Land bewerben – und wenn er bereit ist, die Finger von Fett und Zucker zu lassen. Gewinnt aber Romney jetzt, darf 2016 kein zusätzlicher Republikaner antreten.

Das Lob Christies zeigt, wie unbeliebt Romney in den eigenen Reihen ist – Obamas grösster Segen. Gegen geeinte Republikaner und einen starken Gegner wäre er wohl chancenlos.