Das Amt hat Obama leiser gemacht

Der Hoffnungsträger von 2008 ist müde geworden. Barack Obama bekündet Mühe, am Parteitag der Demokraten einen griffiges Argument für seine Wiederwahl hinzulegen.

Von Peter Hossli

obama_speechUnter lautem «Nochmals vier Jahre»-Geschrei betrat US-Präsident Barack Obama (51) die Arena von Charlotte. «Ihr steht vor der wichtigsten Entscheidung seit zwanzig Jahren», bläute er den Amerikanern am Parteitag der Demokraten ein. Eine Entscheidung zwischen ihm und Widersacher Mitt Romney (65).

Eine Entscheidung, die vieles beeinflussen werde, so Obama. Ohne zu begeistern, las er eine lange Liste vor. Um Jobs gehe es bei der Präsidentschaftswahl, um die Wirtschaft, Krieg und Frieden, Steuern und Defizite, um Energie und Ausbildung. Müde wirkte der Präsident – als laste das Gewicht der Welt allein auf seinen Schultern.

Er predigte ernsthaft, statt lustvoll zu erzählen. Bewusst stiess er die Rolle des Messias von sich, des Hoffnungsträgers, in die er vor vier Jahren geschlüpft war. «Ich bin nicht mehr nur Kandidat, ich bin Präsident.» Als wolle er so die Kompromisse rechtfertigen, die er im Weissen Haus einging – und die manche vergraulten.

Mit Demut konterte er Vorwürfe, er hätte einige Versprechen nicht eingelöst. «Ich bin stolz auf das, was wir erreicht haben. Aber ich mache mir weit mehr Gedanken über das, woran wir gescheitert sind.» Dennoch: «Ich war nie hoffnungsvoller für Amerika als jetzt», sagte Obama. «Nicht weil ich alle Antworten habe, so naiv wäre, die schiere Grösse der Probleme zu verkennen.» Er hielt inne. «Hoffnungsvoll bin ich wegen euch.»

obama_standingDünn dagegen seien die Ideen der Republikaner. «Sie zählen auf, was alles falsch läuft, ohne zu sagen, wie sie es richtig machen würden.» Seit dreissig Jahren böten sie die gleiche Medizin feil. «Überschuss? Steuersenkung. Defizit? Steuersenkung. Grippe? Zwei Steuersenkungen.» Das Publikum lachte.

Ernüchternd fiel die Rede für Europa aus. Fünf Worte nur sagte er zur Eurokrise. Sprach ausführlicher über Israel, Iran, den Arabischen Frühling. Als Kalten Krieger zeichnete er Romney, weil dieser unlängst Russland gedroht hatte.

Persönlich gab Obama wenig preis. «Ich liebe dich so sehr», rief er seiner Frau zu. «Malia und Sasha, wir sind so stolz auf euch», grüsste er seine beiden Töchter. «Morgen müsst ihr zur Schule.» Es wirkte, als rede der Redenschreiber und nicht der Vater.

Zu Recht als Erfolg feierte er den Kampf gegen den Terrorismus. «Ich versprach, auf Terroristen loszugehen, die uns wirklich angegriffen haben.» Ein neues Hochhaus rage über der Skyline New Yorks. Al Kaida sei geschwächt «und Osama bin Laden ist tot». Es war der Höhepunkt der Rede.

Doch schon am Tag danach trübten neue Wirtschaftsdaten das Gesagte. Statt die erhofften 125 000 Jobs schufen die USA im August nur 96 000. Zu wenig, um das Land in Fahrt zu bringen. US-Medien berichteten lauter über die «Abkühlung der Konjunktur» als über Obamas Rede.

Darin bat der Präsident um Verständnis. «Amerika, ich habe nie gesagt, diese Reise werde einfach, das kann ich euch auch jetzt nicht versprechen.» Ein steiniger Weg stehe bevor, predigte Obama. «Er führt uns aber an einen besseren Ort.»