Von Peter Hossli
Eilig hatte es Mitt Romney (65). Er band sich die rot-weiss-blaue Krawatte um, trat ans Rednerpult, nahm die Nomination als republikanischer Präsidentschaftskandidat an – und griff sofort Barack Obama (51) an.
Nicht sehr aggressiv, sondern rhetorisch gekonnt warf er dem US-Präsidenten vor, seine Versprechen nicht gehalten zu haben. «Riesig war vor vier Jahren der Enthusiasmus der Amerikaner für einen neuen Präsidenten», sagte Romney. «Jetzt zweifelt erstmals eine Mehrheit aller Amerikaner daran, dass die Zukunft ihrer Kinder besser sein wird.»
Betrogen habe Obama den amerikanischen Traum. Denn das, was kommt, muss in den USA stets besser sein als das, was war.
Nicht so unter Obama. Um 4000 Dollar sei das durchschnittliche Jahreseinkommen einer US-Familie gesunken.
Gestiegen seien hingegen die Preise für Benzin, Esswaren, Krankenkasse und Strom.
Ungewöhnlich keck schilderte Romney einen vermeintlich unzulänglichen Präsidenten. «Er hat versprochen, Meeresspiegel zu senken, den Planeten zu heilen.» Er sei da bescheidener. «Ich verspreche nur, euch und euren Familien zu helfen.» Wie? «Mit Jobs.»
Obama könne lange klagen, Amerika müsse geduldig sein. Könne weiterhin andere beschuldigen. «Aber er kann nicht mehr so tun, als ginge es uns besser als am Anfang seiner Amtszeit.» Daran aber, wissen Romneys Redenschreiber, werden US-Präsidenten bei ihrer Wiederwahl gemessen.
Zwölf Millionen Jobs werde er schaffen, versprach der Financier mit 200 Millionen Dollar Vermögen. Erreichen will er das Ziel mit einem Fünfpunkteprogramm. In acht Jahren sollen die USA die gesamte Energie im Inland fördern. Schulen und Universitäten will er stärken. Mit anderen Ländern Freihandelsabkommen vereinbaren. Das Budget kürzen und die Schulden abbauen. Überdies werde er als Präsident die Steuern senken und Obamas Krankenkassengesetz bodigen.
Etwas hölzern sprach er, aber weniger hölzern als sonst. Gestand, wie ungewöhnlich es war, in Michigan als Mormone aufzuwachsen. Aber: «Meine Freunde interessierten sich mehr für die Sportler, die ich mochte, als für die Kirche, in der ich betete.»
Er pries den vor einer Woche verstorbenen US-Astronauten Neil Armstrong († 82), den ersten Menschen auf dem Mond. Versprühte, was Amerikaner so gerne hören: Patriotismus. Zusammen mit Gattin Ann habe er 1969 die Mondlandung verfolgt. «Wir gingen zu Bett – wissend, im besten Land aller Zeiten zu leben.»
Wässrige Augen hatte Romney, als er die Ehe der Eltern beschrieb. Sie dauerte 64 Jahre. Der Blumenhändler wisse warum. Jeden Tag habe sein Vater der Mutter eine Rose gekauft, so Romney. «Sie wusste, dass er tot war, als keine Rose mehr auf ihrem Nachttisch lag.»
Mit einem Satz besänftigte er die Fundamentalisten seiner Partei. «Als Präsident werde ich Leben als heilig betrachten und die Ehe ehren.» Was heisst: Er wird sich gegen Abtreibung und Homo-Ehen einsetzen.
Zu lasch sei Obama mit Russland und Iran umgesprungen, sagte Mitt Romney. «Bin ich Präsident, wird Herr Putin weniger Laschheit und mehr Härte erleben.» Als wäre noch Kalter Krieg.