“Der alt Bundesrat weiss nicht mehr, als was in der Presse steht”

Am 24. Dezember fragte dieser Reporter bei Christoph Blocher nach, ob er mehr zum Fall Hildebrand wisse. Nein, lautete die Antwort seines Pressesprechers.

Von Peter Hossli

Was weiss Christoph Blocher über die Dollar-Käufe der Familie Hildebrand? Diese Frage stellten sich Reporter der BLICK-Gruppe an Heiligabend. Um 11.33 Uhr ging per E-Mail eine Anfrage an Blochers Sprecher Livio Zanolari. Betreff: «Nationalbank».

«Wir sind an einer Geschichte über Philipp Hildebrand und die Dollar-Transaktionen seiner Frau», stand in der Einleitung. Dazu zwei Fragen: «Was denkt Herr Blocher darüber?» – «Weiss Herr Blocher mehr, als was in den Zeitungen steht? Und wenn ja, können wir darüber reden?»

Um 11.55 Uhr, 22 Minuten später, kam die Anwort, ebenfalls per E-Mail. «Leider steht aBR Blocher für eine Stellungnahme nicht zur Verfügung», schrieb Zanolari – und nahm trotzdem Stellung: «Über den Fall weiss er auch nicht mehr, als was in der Presse steht.» Mit Wünschen zu den Festtagen verabschiedete sich Blochers Sprecher.

Seit Neujahr steht fest: Zanolaris Aussage ist wohl falsch. Höchstpersönlich habe Blocher Mitte Dezember den Bundesrat über die Dollar-Käufe der Familie Hildebrand informiert. Das berichten zwei Sonntagszeitungen. Blocher, einst Justizminister, soll der damaligen Bundespräsidentin Miche­line Calmy-Rey Dokumente zum Fall Hildebrand gezeigt haben.

Stimmt, was die Zeitungen schreiben, dann wusste Blocher am 24. Dezember weit mehr als das, was in der Presse stand.

Hat Nationalrat Blocher an Heiligabend den SonntagsBlick anlügen lassen? Oder hat er seinem Pressesprecher die Wahrheit verheimlicht?

Gestern fragte BLICK bei Sprecher Zanolari nach. «Meine damalige Antwort entsprach meiner eigenen Interpretation, die ich ohne weiteres hätte weglassen können», sagt er.

Dann war es ein Fehler, die Frage zu beantworten? Opfert sich hier ein treuer Soldat für seinen General? Oder lässt der Chef ihn im Regen stehen?

An jenem Samstag habe er mehrere Interview-Anfragen erhalten, sagt Zanolari, fast alle ­telefonisch. Wie gewohnt nahm er Rücksprache mit dem SVP-Politiker. «Herr Blocher sagte mir, er nehme keine Stellung.» Zanolari weiter: «Über Details des Falls Hildebrand haben wir zwei bis heute nie gesprochen.»

Die Frage des SonntagsBlick, ob Blocher mehr wisse, habe er ihm damals nicht gestellt. «Weil er sowieso keine Stellung dazu genommen hätte», sagt Zanolari.

Trotzdem hat der Sprecher die brisante Frage beantwortet.

Ob Blocher tatsächlich zu Micheline Calmy-Rey gegangen war, bleibt offen. «Es gibt eine Zeit zu reden, es gibt eine Zeit zu schweigen. Jetzt ist die Zeit zu schweigen», sagte Blocher gestern zu Journalisten in der Turnhalle Eichi in Niederglatt ZH. «Jetzt muss man zuerst ein bisschen zuwarten.»

Je länger Blocher aber wartet, desto unglaubwürdiger wird er.