Warum schweigt die UBS, wenn die Gefahr vorbei ist?

Chefs auf Tauchstation, üble Gerüchte, Banken-Aufsicht im Sondereinsatz – warum die UBS nach dem Bekanntwerden des Betrugsfalls Adoboli eisern schweigt.

Von Peter Hossli, Matthias Pfander und Claudia Gnehm

adoboli_2000595cEs ist neun Uhr. Am Tag, nachdem die UBS einen Verlust von 2 Milliarden Dollar bekanntgegeben hat, verursacht vom UBS-Händler Kweku Adoboli. Die Zürcher Börse nimmt den Handel auf. Die UBS-Aktie eröffnet fester, um fast zwei Prozent.

Der Markt reagiert positiv, weil die UBS nichts Negatives verlauten lässt. Gar nichts. Tausend Fragen, die UBS ist still.

Vor Mittag ein brisanter Hinweis vom Trader einer Privatbank. Er glaubt zu wissen, warum die UBS eisern schweigt: «Wahrscheinlich sind Adobolis Geschäfte nicht komplett abgewickelt.» Einige der Deals hätten wohl noch keine Gegenparteien gefunden. Mache die UBS dazu irgendetwas publik, würden andere sicher gegen die offenen Geschäfte spekulieren. Mit hohen Risiken für die UBS.

Die UBS dementiert nicht.

Um ein Vielfaches höher als zwei Milliarden Dollar könnte der Schaden ausfallen. Zumal das Volumen von Adobolis Geschäften zwischen zehn- und zwanzig Mal grösser war als der Verlust. «Wer die offenen Geschäfte kennt, kann die UBS platt machen», sagt der Trader. Dann ist alles viel schlimmer?

Offiziell informiert die UBS nicht. Sie verschickt einen Artikel aus dem «Wall Street Journal». Der suggeriert: Adoboli zeigte sich nicht selbst an, die UBS entdeckte den Betrug.

Die Aktie legt weiter zu. Anleger trotzen der drohenden Herabstufung der UBS durch Moody’s und Standard & Poors. Endlich. Um 13 Uhr lädt die UBS die Medien nach Opfikon-Glattbrugg ZH ein. Sie will über ihre Delta-1-Teams informieren. Diese wickeln komplizierte Börsengeschäfte ab. Adoboli gehörte zu einem der Teams.

Die Medienkonferenz ist auf 15.15 Uhr angesetzt. Mikrofone und Kameras sind verboten. Doch um 15.39 Uhr sagt die UBS den Anlass ab. UBS-Manager Thomas Frauenlob, der reden sollte, sei kurzfristig in eine Sitzung berufen worden.

Sonst sagt die UBS nichts. Um 17 Uhr wieder Hektik. Ein Anruf der Pressestelle: «Wir informieren demnächst.» Mit börsenrelevanten Details und Zahlen. Gibt die UBS den Rücktritt von CEO Oswald Grübel bekannt? Hatte Adoboli Mitwisser, gar Komplizen? Ist der Bonus-Pool der Mitarbeiter versiegt? Hat er sich mit Währungen verzockt?

Es folgt eine Entwarnung, die offene Flanke sei jetzt zu, die letzten Geschäfte Adobolis abgewickelt. Gebannt ist die Gefahr, die Bank werde mit spekulativen Geschäften gebodigt.

Die Börse ist geschlossen. Es gebe aber keine Informationen, sagt die Pressestelle. «Das kann sich jedoch stündlich ändern.»

Die Probleme der UBS sind schwerwiegend, das bestätigen britische und Schweizer Aufsichtsbehörden. Sie leiten eine umfassende Untersuchung ein. Sie wollen wissen, wieso die Kontrollen fehlschlugen.

Kurz nach 19 Uhr. «Heute haben wir nichts mehr zu sagen», so die Bank. Sie kooperiere mit den Behörden. Das Schweigen erklärt sie mit «internen Untersuchungen».