Unterschlupf der Nazis

Amerika war ein Zufluchtsort vieler Nazi-Schergen. Ein Präsident verharmloste die Rolle der Schweiz beim Kauf von Nazigold. Das belegt ein Geheimbericht, den die New York Times veröffentlicht.

Von Peter Hossli

Arthur Rudolph kam im November 1945 in die USA. Der deutsche Ingenieur entwickelte für das Militär Geschosse, und ab 1961 für die US-Raumfahrtbehörde Nasa die Mondflugrakete Saturn V.

Trotz übler Nazi-Vergangenheit. Unter Hitler leitete Rudolph eine Munitionsfabrik, in der Sklavenarbeiter Bomben und Patronen fertigten. Vertuscht hatte die Wahrheit über den SS-Mann der Geheimdienst CIA.

Rudolph war nicht der einzige Nazi, der in Amerika Zuflucht fand. Das belegt jetzt ein brisanter Geheimbericht, den die New York Times gestern auf ihrer Webseite publizierte. Der Rapport, vor vier Jahren vom US-Justizdepartment fertiggestellt und seither unter Verschluss, zeigt, wie die US-Regierung etliche Nazis aktiv ins Land geholt hatte, ihnen Unterschlupf gewährte, sie beschäftigte und vor Nazi-Jägern schützte.

Etwa SS-Offizier Otto von Bolschwing. Er diente dem CIA ab 1949 als Informant. Zuvor war er als enger Mitarbeiter Adolph Eichmanns direkt an der Planung des Holocausts beteiligt. «Amerika, das so stolz ist, ein Zufluchtsort für Verfolgte zu sein, war zusätzlich Zufluchtsort der Verfolger», urteilt der Redaktor des unrühmlichen Berichts, der Jurist Mark Richard.

Er erhielt 1999 infolge der Debatte um die nachrichtenlosen Konten aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs den Auftrag, die Geschichte aus US-Sicht aufzuarbeiten. Doch Präsident George W. Bush stoppte 2006 die Veröffentlichung seines Berichts. Noch eine Woche vor dem Krebstod im Juni 2009 bat Richard, ihn zu publizieren. Barack Obama, der im Wahlkampf völlige Transparenz versprach, vergönnte ihm den Wunsch.

Verharmlost hätte Amerika die Rolle der Schweizer Nationalbank als «bedeutendste Käuferin von gestohlenem Nazigold», steht im Bericht – mit Hilfe von Harry Truman. Der US-Präsident schrieb 1946 in einem Brief, es sei «ziemlich sicher beweisbar», dass die Schweiz Nazigold nur im Wert von 88 Millionen Dollar gekauft habe. Obwohl seine Beamten angeblich bereits wussten, dass es 414 Millionen Dollar waren. Klarheit schaffte der Eizenstat-Bericht – erst 1997.