Weltmeister Cruyff

Johan Cruyff brachte erst den Holländern, dann den Spaniern den Fussball bei. Morgen spielen beide um den WM-Titel.

Von Peter Hossli

cruyffDen Final spielen Spanien und Holland erst morgen. Der Sieger der Fussball-WM in Südafrika steht aber heute schon fest: Johan Cruyff (63). Die holländische Fussball-Legende lebt in Barcelona und trainiert derzeit die Nationalmannschaft von Katalonien. Wie niemand sonst hat Cruyff den Fussball beider WM-Finalisten von 2010 geprägt.

Das spanische Tiki-Taki – das brillante Kurzpass-Spiel mit vernichtendem Abschluss – geht auf Cruyff zurück. Ebenso die unterkühlte Version davon, mit der sich Holland an dieser WM bis in den Final gespielt hat.

Den siegorientierten «totalen Fussball» erlernte Cruyff in den Sechzigern als Mittelstürmer von Ajax Amsterdam. Sein Trainer war damals Rinus Michels. Zusammen perfektionierten sie das Spiel in den Siebzigern im holländischen Nationalteam, dann bei Barcelona.

Das «System Cruyff» lebt vom Team, nicht von einem Star.

Jeder kann die Bälle halten und sie präzise passen. Die Tore sind spektakulär herausgespielt. Alle greifen an, alle verteidigen.

Mit begeisterndem Fussball führte Cruyff die Holländer an der WM von 1974 ins Finale. Drei Mal erhielt er den Ballon d’Or als Europas Fussballer des Jahres. Fortan spielten die Holländer, wie es Cruyff ihnen beigebracht hatte.

1988 machte ihn der FC Barcelona zum Chefcoach. Von der ersten Mannschaft bis hinunter zu den jüngsten Junioren pflegten nun alle das System des kettenrauchenden Holländers.

Bald auch das spanische Nationalteam. Vor zwei Jahren gewann es den Europameister-Titel. Bis zu sieben Spieler von Barcelona stehen an der WM in Südafrika jeweils auf dem Platz. Das überragende Mittelfeld – Xavi, Busquets, Iniesta – bildet auch das Mittelfeld bei Barcelona. Sie alle durchliefen die von Cruyff umgestellte Juniorenabteilung von Barcelona. Deren Coach Josep Guardiola war unter ihm Kapitän.

Als «besten Fussballer aller Zeiten» preist auch Hollands Coach Bert van Marwijk den Lehrmeister.

«Die holländischen Teams von 1974 und 1978 sind unsere Vorbilder», sagt er. Trotzdem lässt er defensiver als Cruyff spielen. Hofft, auf diese Weise den WM-Titel zu holen.

Welche Auslegung von Cruyff die bessere ist, sagt Cruyff im «Daily Telegraph» offen: «Ich bin zwar Holländer, aber ich stehe voll hinter dem spanischen Spiel. Es gewinnt, wer angreift.» Spanien sei das derzeit beste Team. «Es kann sich nur selber schlagen», sagt Cruyff. «Aber es würde mich riesig freuen, wenn Spanien gewinnt.»