Bühne dem Fussball-Gott

Die WM in Südafrika ist eine Wiese christlicher Propaganda. Dabei gehört nur der Fussball-Gott aufs Spielfeld. Den verehren wir alle.

Von Peter Hossli

lucio4wm_pokal_jesus_liebt_jpgRonaldo betet vor dem Anpfiff. Das Fernsehen zeigts live. Brasilien schiesst ein Tor gegen Chile. Die Regie blendet Goalie Julio Cesar beim sich Bekreuzigen ein – in Zeitlupe. Ebenso Ottmar Hitzfeld, der sich nach dem Sieg gegen Spanien ebenfalls bekreuzigt.

Die WM in Südafrika ist eine Bühne für gläubige Christen. Die Fifa übermittelt täglich deren Bekenntnisse in die Welt. Ganz gezielt. Jedes Stossgebet fangen die Kameras ein. Fifa-Regisseure zeigen es.

Es ist ein Menschenrecht, seine Religion frei zu leben. Das geht nur, wenn niemand anderen den Glauben aufzwingt. Wenn keine Religion sich an Orten vordrängt, die allen gehören.

So ein Ort ist das Spielfeld einer Fussball-WM. Es gehört Christen wie Moslems, Hindus wie Juden – und denen, die gar nichts glauben. In Südafrika ist dieses Feld eine christliche Propaganda-Wiese.

Brasilianische Frömmler wie Kaka und Lucio streckten nach Siegen jeweils «I Love Jesus»-Leibchen in laufende Kameras. Trotz Werbeverbot für Religionen hat die Fifa dies jahrelang toleriert. Nun lässt sie katholische Gebete und Gesten zu.

Das irritiert, wer kein Christ ist. Doch auch wer wirklich glaubt, will nicht Millionären zusehen, wie sie sich an Göttern versündigen. An einer WM hat nur der Fussball-Gott etwas zu suchen. Den verehren wir alle. Alles andere verdient die Gelbe Karte.