Von Peter Hossli
George Clooney (48) hat gute Aussichten, heute Nacht seinen zweiten Oscar abzuholen. Vorzüglich verkörpert er im Krisendrama «Up in the Air» den Vollstrecker. Eiskalt drückt er entlassenen Angestellten die fristlose Kündigung in die Hand. Taktvoll stellt er sie aufs klammere Portemonnaie ein.
Clooney weiss, wie sich das anfühlt. Auch der Superstar ist von der Wirtschaftskrise betroffen. Zwei Millionen Dollar hat er für den Part gekriegt, berichtet die «New York Times». Kürzlich waren ihm noch zehnfache Gagen sicher.
Hollywood-Stars, sonst ausschweifend unterwegs, müssen den Gürtel enger schnallen. 20 Millionen Dollar Gehalt haben alle Oscar-nominierten Mimen gemeinsam erhalten. Vor fünf Jahren gabs noch 20 Millionen pro Film.
Superstars nehmen dramatische Lohneinbussen hin. Denzel Washington (55) akzeptierte unlängst vier Millionen Dollar weniger für seinen neusten Film. Komiker Steve Carell (47), Gagen von 15 Millionen gewohnt, erhielt fünf Millionen. Als sich Julia Roberts (42) weigerte, für unter 20 Millionen in «The Proposal» zu spielen, ging ihr Part an Sandra Bullock (45) – für die Hälfte.
Bloss das gewerkschaftlich zugesicherte Minimum von 65000 Dollar kassieren die drei Hauptakteure im Oscar-Favoriten «The Hurt Locker». Sie verkörpern US-Soldaten, die im Irak Bomben entschärfen. Einer von ihnen, Jeremy Renner (39), ist ein Oscar-Anwärter.
Über zwei Milliarden Dollar spülte das Zukunftsmärchen «Avatar» in die Kinokassen. TV- und DVD-Rechte werden dem Studio 20th Century Fox weitere vier Milliarden bescheren. Die Hauptdarsteller Sam Worthington (33) und Zoë Saldana (31) kassierten dennoch nur wenig mehr als eine Minimalgage.
«Die Löhne sind im freien Fall», sagt ein Hollywood-Agent. «Die Studios haben wieder die Macht.» Geht es Hollywood gut, liegt sie bei den kreativen Kräften wie Schauspielerinnen, Autoren und Regisseuren. Jetzt drücken sinkende Margen die Löhne. Hollywoods goldene Henne, der DVD-Absatz, legt keine Eier mehr. Um 13 Prozent tauchte der Umsatz 2009, 20 Prozent im Jahr 2008. Wie in der Musikbranche trübt die Piraterie auch das Filmgeschäft. Statt DVDs zu kaufen, laden Filmfreunde sie kostenlos und illegal, jedoch in bester Qualität vom Internet.
Da die Studios bei den effektiven Produktionskosten kaum mehr sparen können, kürzen sie die variablen Saläre der Stars. Schauspieler wie Clooney, Tom Hanks oder Angelina Jolie liessen sich jeweils Beteiligungen am Kino-Umsatz von bis zu 20 Prozent zusichern.
Nun fliessen die Boni nur noch, wenn sämtliche Kosten für Produktion, Werbung und Vertrieb gedeckt sind. Da Abrechnungen oft Jahre später vorliegen, warten Stars lange auf ihr Geld. Falls es denn je fliesst. Gewinne verschwinden in Hollywood rascher als Sternchen verglühen.