Amerikanischer Fundi flüchtet aus der Schweiz

Die Glarner Regierung kroch dem Amerikaner Dexter Ball auf den Leim: Der Multimillionär entpuppte sich als religiöser Fanatiker und solidarisiert sich mit Holocaustleugnern. Jetzt ist er abgetaucht.

Von Peter Hossli und Walter Hauser

villa_ballRiesig war die Freude im Glarner Dorf Schwändi, als im März 2004 der Zuzug des amerikanischen Millionärs Dexter Ball (69) vermeldet wurde. Die Glarner Regierung gewährte dem Kalifornier ein Pauschalsteuerabkommen und erfüllte ihm dem Wunsch, die Kantonsstrasse vor seinem Luxusdomizil zu verlegen.

Nun ist der Traum vom reichen Amerikaner geplatzt. Ball, seine Frau und deren sieben Kinder sind diesen Sommer von einem Aufenthalt in den USA nicht mehr zurückgekehrt.

Hilfe für Holocaustleugner

Denn der Multimillionär gerät immer mehr ins Zwielicht. Ihm droht ein Strafverfahren wegen Verstosses gegen die Antirassismusnorm. Wie Recherchen des SonntagsBlicks ergaben, ist Ball nicht nur ein bekennender Anhänger der von Erzbischof Lefebvre gegründeten ultrakonservativen Piusbruderschaft. Er unterstützt auch öffentlich den britischen Holocaustleugner Richard Williamson. Dieser hatte zu Beginn dieses Jahres mit der Bemerkung für Aufsehen gesorgt: «Ich glaube nicht, dass es Gaskammern gab.»

Zur gleichen Zeit, als die Staatsanwaltschaft im deutschen Regensburg gegen Williamson ein Ermittlungsverfahren wegen Volkshetze einleitete, stellte sich Ball immer noch hinter den umstrittenen Bischof. Vehement forderte er, Williamson müsse die Holocaustlüge weiterhin verbreiten dürfen. Als «Mr. and Mrs. Dexter Ball and family (Switzerland)» unterzeichnet er für Williamson eine Internet-Petition, die gespickt war mit Nazi-Terminologie wie «Talmud-Judaismus». Als «Hundemeute» beschimpfte Ball im Internet all jene, die Williamson kritisieren.

Für Georg Kreis (66), Präsident der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus, sind solche Äusserungen «klar antisemitisch». Der Glarner Regierung ist das peinlich. Ratschreiber Hansjörg Dürst (51) betont jedoch: «Das haben wir nicht gewusst.»

Verräterisches Video

Dexter Balls antisemitische Gesinnungen sind bekannt. Eine kurze Internetrecherche führt zu den Wahlkampfspenden des Amerikaners. 2006 gab er 1000 Dollar an Jim Condit Jr., der dem Ku-Klux-Klan und der Hass-Organisation Aryan Nation nahesteht. Auf der Videoplattform Youtube verbreitet Condit antisemitische Äusserungen. Die USA, so der von Dexter Ball unterstützte Politiker, werde von «einem kriminellen, zionistischen, jüdischen Syndikat kontrolliert.» Im selben Video behauptet Condit auch, die Terrorattacken vom 11. September 2001 seien «nicht von Arabern, sondern einer kleinen Gruppe von neokonservativen Juden» orchestriert worden.

Ist der schweizerische Boden Dexter Ball jetzt zu heiss geworden? Ball fühle sich «wohler in Amerika als in der Schweiz», sagt sein Anwalt Adrian Döbeli von der Luzerner Kanzlei Urs Mühlebach. Und: «Seine Familie kann in den USA ihre Sakramente einfacher empfangen.»

Gemäss den Riten der Piusbruderschaft will die Familie Ball täglich eine altkatholische Messe in Latein feiern und die Mundkommunion entgegennehmen. Eine so intensive seelsorgerische Betreuung war im Kanton Glarus jedoch nicht möglich. Ein Franziskanerpater des Klosters Näfels und Hans Mathis (55), katholischer Pfarrer von Schwanden, pflegten zu den Balls zwar freundschaftlichen Kontakt.

Ball schweigt

Aber Mathis spürte: «Wir waren nicht auf derselben Linie.» Die Familie nahm auch nie an einer Messe der katholischen Kirche Schwanden teil. Der Amerikaner will weder zu seinem Wegzug noch zu seinen umstrittenen Äusserungen Stellung nehmen. Trotz mehrmaliger Anrufe war er für SonntagsBlick nicht zu erreichen.

Balls kalte Betten in Meggen
Dexter Ball stammt aus der Familie des Blumensaatimperiums Ball und erlangte durch Erbschaft ein Vermögen zwischen 100 und 200 Millionen Dollar. Am 24. Januar 2001 meldete er sich in der Luzerner Gemeinde Meggen an. Der Kanton Luzern schloss mit ihm ein Pauschalsteuerabkommen.

Arrangiert hatte es Anwalt Urs Mühlebach. Wohnsitz nahm Ball in einem Meggener Mehrfamilienhaus an der Scheideggstrasse. Nur: Weder Ball, Frau noch seine vielen Kinder wohnten jemals dort, obwohl der Multimillionär in Meggen fast sieben Jahre gemeldet war. «Ich hatte mit Dexter Ball nie Kontakt», sagt Gemeindeammann Arthur Bühler. Am 20. November 2007 meldete sich Ball in der Innerschweiz ab und zog nach Schwändi GL. Noch sei er in der Glarner Hinterländer Gemeinde gemeldet, sagt sein Anwalt. Ball beschäftigt weiterhin eine Sekretärin, eine Frau für den Gebäudeunterhalt sowie eine Gärtnerin. Er verliess das Glarnerland, weil er dort keinen Priester fand, der ihm jeden Tag I auf Lateinisch die altkatholische Messe las.

Im falschen Jahrhundert
richard_williamsonDexter Ball (69) ist ein Anhänger der von Marcel Lefebvre gegründeten Piusbruderschaft. Diese gibt den Juden die Schuld am Tod von Jesus Christus.

Einen weltweiten Sturm der Entrüstung löste Papst Benedikt XVI. (82) Anfang Jahr aus, als er die Exkommunikation des Piusbruders und bekannten Antisemiten Richard Williamson (69, Bild) aufhob.

Wie die Piusbruderschaft akzeptiert Ball die katholische Lehre nur in ihrer ursprünglichen Form. In einem 2004 publizierten Online-Inserat schrieb er, «die 1000 Jahre nach der Geburt Christi waren der Höhepunkt der menschlichen Seele». Für Religionsexperte Georg Otto Schmid ist Dexter Ball ein «rückwärtsgewandter Fanatiker, der glaubt, im falschen Jahrtausend zu leben.»