Von Peter Hossli
Ein Kasino in Las Vegas. Der Zolliker Anwalt Matthias Rickenbach (41) und der Geschäftsmann John McCarthy genehmigen sich ein paar Drinks. Dann kommen sie zum Geschäft. Rickenbach schlägt dem Amerikaner vor, sein Vermögen in Tarnfirmen anzulegen. Das bringe höhere Renditen, und der US-Fiskus finde das Geld nie. McCarthy stieg auf den Deal ein.
Was in der Wüste Nevadas am 3. November 2006 geschah, holt Rickenbach nun ein. Am Donnerstag reichten die USA Strafanzeige gegen ihn ein. Sonntags Blickwusste bereits Anfang August, dass die USA ein Verfahren gegen Rickenbach vorbereiten. Damals drohte er mit Klagen wegen Persönlichkeitsverletzung, sollte der Fall publik werden. Nun geht sein Name durch die Weltpresse.
Rickenbach arbeitete auf dem US-Markt eng mit Hansruedi Schumacher (51) zusammen, einem UBS-Banker, der vor sieben Jahren als Private-Banking-Chef zur Neuen Zürcher Bank (NZB) wechselte. Auch gegen Schumacher reichten die USA Strafanzeige ein. Die NZB entliess ihn fristlos. Spricht das US-Gericht die zwei Schweizer schuldig, drohen ihnen fünf Jahre Haft und 250000 Dollar Busse.
Das Timing der Anzeige ist perfekt: Tags zuvor schlossen die Schweiz und die USA den Vergleich im UBS-Steuerstreit. Tags darauf kassierte der ehemalige UBS-Kundenberater Bradley Birkenfeld (44) eine Zuchthausstrafe von 40 Monaten sowie eine Geldbusse von 40 000 Dollar. Das zeigt: «Der Druck der US-Steuerbehörde bleibt hoch», sagt Rechtsprofessor John Coffee von der Columbia University in New York. Er erwartet neue Strafklagen gegen Schweizer Banker und Anwälte sowie Zivilklagen gegen Banken. Belastendes Material holt sich die US-Justiz aus den Selbstanzeigen von Steuersündern. Verfahren drohen gemäss «Wall Street Journal» der Credit Suisse, Julius Bär, der Zürcher Kantonalbank und der Genfer UBP.
Die Klage gegen Rickenbach und Schumacher ist breit dokumentiert. Die beiden sollen dem New Yorker Spielzeugfabrikanten Jeffrey Chernick und dem kalifornischen Geschäftsmann McCarthy geholfen haben, ihre Millionen vor dem Fiskus zu verstecken.
Die Anklage nennt auch Details ihrer Arbeitsweise: Die beiden fälschten die Steuererklärungen ihrer Klienten und legten deren Gelder in Tarnfirmen an. «Riesige Barsummen» verstauten sie in Schweizer Schliessfächern. Den Kunden rieten sie, ihr Geld von der UBS zur NZB zu überweisen, da die kleine Privatbank kein Steuerabkommen mit den USA habe und folglich von der Justiz nicht belangt werden könne. Besonders dreist: Schumacher und Rickenbach waren auch als Schweizermacher unterwegs. Sie fälschten Dokumente, um den Anschein zu erwecken, dass die Gelder ihrer US-Kunden Schweizern gehörten.
Als Chernick vor einem Jahr wissen wollte, ob sein Name an die US-Steuerbehörde gemeldet werde, ermunterten sie ihn zur Beamtenbestechung. Laut Klageschrift gab Chernick den Schweizern zu diesem Zweck 45 000 Dollar. Die Bundesanwaltschaft ermittelt nun, ob die beiden das Geld selber einsteckten oder Beamte schmierten.
Weder der Jurist noch der Banker wollten gegenüber SonntagsBlick zu den Vorwürfen Stellung nehmen. In zwei Monaten werden sie zur ersten Anhörung nach Florida bestellt. Bleiben sie dem Termin fern, werden sie zur Fahndung ausgeschrieben.
Die Schweiz liefert strafrechtlich verfolgte Bürger zwar nicht aus. Doch schon bei einer Reise in die EU könnten die beiden verhaftet und an die USA überstellt werden.
Schumacher und Rickenbach sind Gefangene im eigenen Land.