Pré vs iPhone

Das lukrative Geschäft mit alleskönnenden Mobiltelefonen ist hart umgekämpft. Nun fordert mit Palm ein Pionier das iPhone und den Blackberry heraus.

Von Peter Hossli

preUnaufhörlich tickt der Countdown. Wie viele Tage, Stunden und Sekunden es noch dauert, bis das Smartphone Palm Pré erhältlich ist, verkündet auf etlichen Websites ein unstetes Werbebanner. Aussergewöhnlich sind die Orte, an denen die Werbung tickt – auf Blogs, die rund um die Uhr über Gerüchte und neue Produkte von Apple berichten.

Verunsichern will Palm damit die treusten Fans des iPhone-Herstellers. Der Palm Pré, ab 6. Juni in Amerika im Handel, zielt frontal auf den Wunderautomaten von Apple. Endlich soll ein Gerät den Hype um das iPhone abwürgen. Viel Zeit bleibt Palm nicht. Schon zwei Tage nach der Einführung des Pré stellt Apple eine verbesserte Software für das iPhone vor. Erwartet wird zudem eine dritte Version des begehrten Mobiltelefons. Ebenfalls im Juni will Samsung ein Smartphone lancieren, das auf Software von Google basiert.

Beworben wie Actionfilme

So aufwändig, wie Hollywood laute Knallerfilme bewerbe, werde momentan für Smartphones geworben, stellt die «New York Times» fest. Hart umkämpft ist der Markt für Smartphones, weil er enormes Wachstumspotenzial verspricht. Erst etwa 100 Millionen der weltweit 4 Milliarden Mobiltelefone gelten als «smart». Die hemdtaschengrossen Geräte surfen im Internet und bewältigen E-Mails. Sie dienen als Navigationssysteme und Lesegeräte für Bücher. Sie erledigen Aufgaben, die bis vor kurzem nur vollwertige Computer schafften. Stagniert der Verkauf von Laptops und ist der Mobiltelefonmarkt gesättigt, wächst jener von Smartphones rasant. Zumal damit überall soziale Netzwerke wie Facebook angewählt werden können.

Als Goldesel der angeschlagenen Elektronikbranche gelten die kostspieligen Smartphones. Da die Produktion günstig ist, ist die Marge hoch. Datenpläne und Nebeneinkünfte bescheren zusätzlich Umsatz. So verkauft Apple über das iPhone Musik. Mehr als 1 Milliarde iPhone-Programme von Dritten wurden bisher vertrieben. Vom Erlös kriegt Apple 30 Prozent.

Bremsen soll das iPhone nun ausgerechnet Palm Inc. Der Konzern mit Sitz im kalifornischen Silicon Valley ist ein Pionier bei mobilen Computern. 1996 führte die Firma den Palm Pilot ein, ein digitales Adress- und Notizbuch. Wer damals ein Internet-Start-up lenkte oder mit Risikokapital den nächsten grossen Ideen hinterhereilte, trug einen Palm Pilot im Hosensack. Als Palm vor neun Jahren an die Börse ging, verdreifachte sich der Aktienkurs am ersten Handelstag. Lange bevor Apple das iPhone lancierte, vertrieb Palm den Treo, ein etwas klobiges, aber vielseitiges Smartphone.

Zusammen mit der Internetblase platzte das Vertrauen in Palm. Der Konzern verpasste es, die einst führende mobile Technologie weiterzuentwickeln. Zusehends grub RIM mit dem Blackberry Marktanteile ab. Hatte Palm Anfang 2006 einen Anteil von 40 Prozent bei Smartphones, ist er auf 10 Prozent abgesackt. Apple, dessen iPhone erst 2007 auf den Markt kam, hat einen Anteil von 21 Prozent. Der Blackberry steht bei rund 36 Prozent. Dessen Wachstum ist zwar abgeflacht, nach wie vor setzen aber Geschäftsleute hauptsächlich auf das kanadische Gerät.

An ein Comeback von Palm glaubt zumindest die Börse. Seit der von Analysten als «iPhone-Killer» beschriebene Pré im Januar angekündigt wurde, hat sich der Aktienkurs der Firma verdreifacht. Anlegern gefällt, dass das neue Gerät mit digitalem Touchscreen und mechanischer Tastatur ausgestattet ist. Das dürfte jenen gefallen, denen die Sensoren auf dem Bildschirm des iPhone zu sensibel sind und die Handhabe als Qual erleben.

Neues Betriebssystem

Palm hat eigens das Betriebssystem Web OS entwickelt. Für Form wie Technologie erhält es reichlich Lob. Möglich ist etwa das Hin- und Herschalten zwischen Programmen, ohne sie zu beenden. Das schaffen weder iPhone noch Blackberry. Wie beim iPhone können Auswärtige für den Pré Programme entwickeln und verkaufen. Selbstsicher wirbt Palm mit einem Zitat von Technologiereporter Jon Stokes: «Als ich den Palm Pré testete, kam mir das iPhone alt und ausgedient vor.» Derweil schürt der Chef des Telekommunikationskonzerns Sprint Erwartungen. «Wir werden am Anfang nicht genügend Geräte haben», sagte Dan Hesse. Sprint bietet den Pré exklusiv an. «Wer eins will, muss früh anstehen.» Er hofft zu wiederholen, was bei der Lancierung des iPhone geschah. Damals campierten Kaufwillige tagelange vor Apple-Läden.

Preiskampf kündigt sich an

Mit 199 Dollar wird der Palm Pré so viel kosten wie ein iPhone. Die Datenpläne fallen jedoch günstiger aus. Wer unlimitiert surfen, telefonieren und texten will, zahlt 99 Dollar. Beim iPhone-Anbieter AT & T kostet es 150 Dollar. Vom Billigangebot aufgeschreckt, drängte Apple AT & T zu einem günstigeren Angebot. Gerüchten zufolge soll zudem ein beschnittenes iPhone bloss noch 99 Dollar kosten. Vom Preisdruck profitieren dürften europäische Kunden. Palm will den Pré bald nach Europa bringen. Unklar sind Zeitpunkt und Konditionen.