Obama kauft Kondome und Rasen

US-Präsident Barack Obama legt einen fulminanten Start hin. Pfründenfürsten im Kongress drohen seinen Wirtschaftsplan aber zu verdünnen.

Von Peter Hossli

obama.jpgAm Donnerstag hatte Barack Obama Zeit, Lehrerinnen seiner jüngeren Tochter persönlich zu treffen. Mit First Lady Michelle stattete er frühmorgens der Schule einen Besuch ab und besprach den Stundenplan von Sasha, 7. Da der Trip kein amtliches Geschäft war, musste Obamas Wagenkolonne bei allen Rotlichtern halten.

Die Schulreise bestärkt das Image, das der neue US-Präsident in zwölf Amtstagen erlangt hat. Es ist ihm wohl in der Haut. Der Job gefällt ihm. Obama legt sich ins Zeug und hält, was er versprochen hat. Fehler sind ihm bisher nicht unterlaufen.

Noch ist der Leistungsausweis kurz und doch beachtlich. Um den verkorksten Friedensprozess im Nahen Osten neu aufzugleisen, hat er mit dem einstigen Senator George Mitchell den richtigen Unterhändler beauftragt. Er setzte den vertrackten Prozess in Gang, den unrühmlichen Terroristenknast in Guantanamo zu schliessen. Das erste Fernsehinterview gewährte er einem arabischen Sender und brach dabei mit dem harschen Ton der letzten Jahre. Autobauer orderte er an, sparsamere Motoren herzustellen. Er verankerte Lohngerechtigkeit für Frauen und Männer.

Die Gier nach Boni an der staatlich gestützten Wall Street beschrieb er als «beschämend». Sogleich beauftragte er Berater, Zuschüsse an Banken mit Salärkontrollen zu verknüpfen. Seinen Präsidentenlohn und die Gehälter aller Mitarbeiter fror er am ersten Arbeitstag ein. Vorgänger George W. Bush verdoppelte sein Entgelt bei Amtsantritt.

Ohnehin hat Obama den Alltag im Weissen Haus umgekrempelt. Herrschte unter Bush selbst am Wochenende im Oval Office strikte Jackett- und Krawattenpflicht, legt Obama die Jacke öfters ab. Samstags kam der Präsident in Freizeithosen und Pullover ins Büro. «Aloha Zen» nennt der einstige Präsidentenberater und David Gergen das legere Gebaren, eine Anspielung an Obamas Geburtsort Hawaii.

Zen und viel Verve wird der Präsident benötigen, sein wichtigstes Projekt wirkungsvoll umzusetzen. Um beängstigende 3,8 Prozent schrumpfte die US-Wirtschaft im letzten Quartal 2008. Mit einem vorerst 819 Milliarden Dollar umfassenden Wirtschaftsprogramm will Obama die implodierende US-Konjunktur rasch in Fahrt bringen. Der Präsident orientiert sich am britischen Ökonomen John Maynard Keynes. Er empfahl 1936 happige staatliche Verschuldung, um Rezessionen zu beenden.

Versprach Obama im Wahlkampf zeitlich beschränkte und zielgerichtete Stimuli zu verabschieden, tun demokratische Politiker, was Politiker mit parlamentarischen Mehrheiten meist tun – sie versuchen ihre Wahlkreise zu begünstigen. «Wir haben die Wahlen gewonnen, wir verfassen das Gesetz», sagte die demokratische Mehrheitsführerin Nancy Pelosi.

Demokraten hätten «ein ausuferndes, disziplinloses Smörgåsbord kreiert», ein Buffet, an dem jeder zulangt, meckert der konservative Kolumnist David Brooks. Tatsächlich ist das im Repräsentantenhaus ausschliesslich von Demokraten verabschiedete, 647 Seiten umfassende Gesetz gespickt mit Pfründen. «Die Demokraten haben jedes ihrer Projekte der letzten 40 Jahre untergebracht», rüffelt das «Wall Street Journal».

Wobei ein beachtlicher Teil der Ausgaben kaum Jobs schaffen würde, etwa die 150 Millionen Dollar, welche staatliche Museen erhalten. 650 Millionen Dollar sollen Amerikaner kriegen, die sich keinen digitalen Fernseher leisten können, der ab Februar für den Empfang eines Signals notwendig ist. Forscher von Honigbienen kriegen Subventionen. Laurel in Maryland darf für je 50’000 Dollar zwei städtische Beamte beschäftigen, die Türglocken anbringen. Eine Stadt in Florida erhält 393’000 Dollar, um Gewehre zu posten. Kondome werden subventioniert, ebenso ein Rasen auf der Mall in Washington. Beaumont in Texas freut sich auf fünf Millionen Dollar, um eine Müllhalde zu graben. Chula Vista in Kalifornien hofft auf einen Park, in dem Hunde Gassi gehen. Sieben Staatsangestellte sollen ihn betreuen.

Bloss 12 Prozent der Staatsgelder kreiere Wachstum, leitartikelt das «Wall Street Journal». Obama aber drängte am Freitag den Senat, den Stimulus «möglichst rasch» zu verabschieden, ohne zuvor unnötige Programme auszumerzen. Zur selben Zeit hat das Budgetbüro des Kongresses berechnet, Ende 2010 seien erst 40 Prozent der Projekte angelaufen. Nach zwei Jahren warte noch ein Drittel des Kapitals darauf, investiert zu werden. Eine Aussicht, die den coolen Präsident in Rage bringen sollte.