Der Milliardär soll es richten

Zum Frühstück trinkt er Pepsi. Seine Gattin hielt ihm die Mätresse zu. Den Kindern weicht er aus. Trotz Buffetts bizarren Macken setzt Amerika auf seinen Weitblick.

Von Peter Hossli

buffett.jpgBarack Obama und John McCain sind sich einig: Der reichste Amerikaner soll die USA aus dem Finanzschlamassel ziehen. Warren Buffett, sagen die Präsidentschaftskandidaten, müsse ab 20. Januar das Finanzministerium führen, egal, wer dann ins Weisse Haus einzieht.

Buffett schweigt dazu und investiert wie stets in angeschlagene Ikonen. Für 5 Milliarden Dollar kaufte er sich jüngst bei Goldman Sachs ein, einst die Perle unter den Investmentbanken. Kurz darauf postete er für 3 Milliarden Aktien des kriselnden Riesen General Electric. Die Börse atmete kurz auf. Legt Buffett an, glauben Investoren, geht es aufwärts.

Zumal er das in der «New York Times» proklamiert. «Kauft amerikanische Aktien, ich tue es», leitartikelte er Mitte Oktober. Eine simple Regel lotse ihn: «Seid vorsichtig, wenn andere gierig sind, seid gierig, wenn andere vorsichtig sind.» Angst haben derzeit alle, nur Buffett nicht. Deshalb hört Amerika auf den 78-Jährigen. Politische Kandidaten hausieren mit seinem Namen. Obama prahlt, seit drei Jahren in Buffetts Gunst zu stehen. Politauguren loben die Weitsicht des erfolgreichsten Investors aller Zeiten. Vor fünf Jahren schon nannte er die Finanzderivate «Massenvernichtungswaffen».

Ein Orakel sei er aber nicht, sagt Buffett. Sein Erfolg fusse auf Disziplin und dem unverrückbaren Fokus auf Wirtschaft. Seit seiner Geburt interessiere ihn nichts anderes. Zur Welt kam Warren Buffett zehn Monate nach dem kolossalen Börsencrash von 1929. Der Vater war Aktienhändler, die Mutter gefühlsarm. Statt die Kinder zu liebkosen, schrie sie sie an.

Erfolg tröstete den jungen Warren. Mit sechs verkaufte er Kaugummi, mit sieben Coca-Cola. Mit elf las er das Buch «Tausend Wege, um 1000 Dollar zu verdienen». Dann verkündete er seinen Freunden, mit 35 Millionär zu sein.

gates_buffett.jpg Mit 30 Jahren hatte es Warren Buffett geschafft. Über die Dachgesellschaft Berkshire Hathaway investierte er fortan in Konzerne, die den täglichen Bedarf decken: Coca-Cola, den Rasierklingengigant Gillette oder die Autoversicherung Geico. Beharrlich schwoll sein Vermögen auf derzeit 50 Milliarden Dollar an. «Das Leben ist ein Schneeball», beschreibt er sein Erfolgsrezept. «Du musst nur nassen Schnee und einen richtig langen Hügel finden.»

Skurril mutet die private Seite des Magnaten an: Als Warren Buffett seine Frau Susie traf, hatte er Mühe mit banalsten Dingen. Anziehen konnte er sich nicht allein. Er ernährte sich schlecht und trank zum Frühstück Pepsi. Buffett, schildert Autorin Alice Schroeder in der eben veröffentlichten Biografie «The Snowball», mied seine drei Kinder. Seine Frau trieb er in die Arme eines anderen. Damit der Milliardär nicht vergammelte, besorgte sie ihm eine Haushälterin. Tagsüber trat er öffentlich mit Susie auf, abends ging er zu Astrid, der Hausdame, die seit 1978 zusätzlich auch seine Mätresse war. Die Frauen waren befreundet.

2006, zwei Jahre nach dem Tod seiner Gattin Susie, heiratete er Astrid. Zur Ziviltrauung lud Buffett seine Tochter und die Schwester der Braut ein. Das Festmahl ass das Quartett im lokalen Diner. Das Ehepaar bewohnt ein Fünfzimmerhaus, das Buffett 1958 für 31 500 Dollar gekauft hat. Er verzichtet auf einen Chauffeur und fährt einen alten Cadillac. Auf die Milliarden müssen seine Kinder verzichten. Buffett hat sie der Stiftung von Freund Bill Gates vermacht – um Übel wie Malaria, Aids und Hunger zu bekämpfen.

Ob Buffett nun dem Ruf der Wirtschaftslaien Obama oder McCain folgt, ist zweifelhaft. Zu sehr gefällt sich der Investor in der Rolle des unabhängigen Gurus. Zudem müsste er als Finanzminister dem Präsident gehorchen. Einen Chef hat er fünfzig Jahre lang nicht gehabt.