Von Peter Hossli
Zufrieden sei er, pflichtete Senator Carl Levin der UBS anerkennend bei. Eben hatte sich die Schweizer Bank bei einer Senatsanhörung für ihr Fehlverhalten entschuldigt. Künftig will sie US-Kunden nur noch in den USA betreuen. Prompt folgte auf das Lob eine Drohung. «Die UBS ist kein Einzelfall», sagte Levin am Donnerstag kurz nach Mittag. «Wir werden uns andere ausländische Banken vorknüpfen.»
Genau will Levin wissen, wer in den USA ohne Lizenz US-Kunden berät. Wobei ein gemütliches Mittagessen oder eine Runde Golf mit Kunde und Banker auf US-Boden bereits ausreicht für den Gesetzesbruch. «Wahrscheinlich verletzt jede Schweizer Bank US-Vorschriften», sagt ein Schweizer Privatbanker. Bringt ein Banker seinen Laptop mit Anlagetipps auf der Festplatte in die USA, macht er sich strafbar. Deshalb haben in den letzten Wochen etliche Schweizer Banken die Devise ausgegeben, momentan nicht in die USA zu reisen, weder privat noch geschäftlich.
Dass der Ruckzug der UBS das US-Geschäft anderer Schweizer Banken bedroht, bestätigt offiziell niemand. «Wir stehen diesbezüglich am Anfang einer Veränderungsphase», sagt eine Bankensprecherin nur. Sie betont: «Wir unternehmen alles, damit unser Geschäft legal betrieben wird.» Eine weise Strategie. «Alles unternehmen» will auch Levin, damit der Abfluss von US-Kapital in versiegelte Steueroasen versiegt.
Zuweilen zielt der Senator auf die falschen Banken. Grösstenteils schleusen US-Bürger ihre Einkommen nämlich über amerikanische Finanzhäuser ins Ausland, nicht über die angeprangerten ausländischen Banken.
Das belegt ein im Dezember 2007 veröffentlichter Bericht des Government Accountability Office (GAO). Gemäss Kontrollstelle der US-Regierung verliessen 2003 total 293 Milliarden Dollar die USA. Davon wurden 87,5 Prozent von US-Banken gehalten und nur 12,5 Prozent von so genannten QI-Banken. Das sind weltweit 7000 ausländische Banken, die mit der US-Steuerbehörde IRS ein Qualified-Intermediary-Abkommen unterhalten. Die QI-Partner handeln als Agenten der IRS und sichern eine ordentliche Besteuerung von US-Kunden.
Eklatanter noch fällt die Diskrepanz aus bei Kapital, das an Gesellschaften ins Ausland ausströmt. Nur gerade ein Prozent wird von QI-Banken betreut, 99 Prozent aber von US-Finanzinstituten. «Es sieht so aus, als ob die Amerikaner den falschen Baum anbellen», sagt der Sprecher der Schweizer Bankiervereinigung, James Nason.
Zumal solche Gesellschaften Senator Levin besonders stören. Rechtmässig können Amerikaner über Offshore-Firmen unerkannt Einkommen vor dem Fiskus verbergen. «Die Gründung einer ausländischen Gesellschaft bieten einen legalen Mechanismus, um die Identität von Einkommen zu verheimlichen», steht im GAO-Bericht. Pikant: Levin zitiert dieselbe Stelle im nun vorgelegten Rapport zu internationalen Steueroasen. Das Wort «legal» unterschlägt er jedoch – es hätte seine Beweisführung durchlöchert.
Wenig bissig ist auch die Kritik, QI-Banken nutzten Lücken, um US-Kunden zur Steuerflucht zu verhelfen. Die IRS selbst hat im Jahr 2001 die Regeln für das QI aufgesetzt. Zudem betont der GAO-Bericht dessen Wirksamkeit: «Das QI-Programm gibt der IRS Sicherheit, dass Steuern ordentliche abgerechnet werden» – im Gegensatz zu US-Zahlstellen. Ausdrücklich bedauert die IRS, «nur ein tiefer Prozentsatz von US-Einkommen» werde von QIs gehalten. Wohl, weil QIs der IRS prozentual mehr als doppelt so viel Steuern abliefern als US-Zahlstellen. Demnach sind amerikanische Banken bei Steuertricks versierter als die QIs. Zumindest müssen sie die Identität der Kunden nicht prüfen. Bei QIs ist das oberste Pflicht.
Dass Levin künftig US-Banken anklagt, ist trotzdem unwahrscheinlich. Nur Anwälte spenden noch mehr an US-Politiker als Finanzleute. Schweizer Banken sind da Angriffsziele mit geringfügigeren Folgen.