Von Peter Hossli
US-Staatsanwälte untersuchen, ob die UBS reichen amerikanischen Kunden half, Gelder vor dem Fiskus zu verstecken. Sie haben deswegen in Bern ein Gesuch auf Rechts- und Amtshilfe eingereicht. Heisst das Bundesamt für Justiz dieses gut, werden Agenten der US-Bundespolizei FBI wohl bald geschäftlich in die Schweiz reisen. «Im Rahmen eines Rechtshilfeverfahrens ist es möglich, dass ausländische Beamte bei Untersuchungen anwesend sind», sagt der Sprecher beim Bundesamt für Justiz (BJ), Folco Galli. «Sie dürfen die Handlungen aber nicht selber durchführen, das obliegt den Schweizer Behörden.»
Konkret würde der zuständige kantonale Staatsanwalt Zeugen einvernehmen und Akten sichten. Neben ihm stünden FBI-Agenten mit kurz geschorenen Haaren in dunklen Anzügen und schmalen Krawatten. Käme es zu Hausdurchsuchungen, wären die Amerikaner ebenfalls zugegen.
Schweizer Beamte in Bern und Washington, sowie UBS-Banker in Zürich und New York hoffen daher, den Steuerfall UBS mit einem Amtshilfeverfahren rasch zu erledigen. «Amtshilfe ist in der Regel schneller und unkomplizierter als Rechtshilfe», sagt Dieter Leutwyler, Sprecher beim Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD). Es läuft nur auf schriftlichem Weg, das FBI wäre bei der Untersuchung nicht dabei, sagt Leutwyler.
Um solche technischen Fragen zu erläutern, reisten diese Woche Schweizer Beamte in die US-Hauptstadt. «Es handelt sich um eine kleinere Delegation, die sich aus Kaderleuten des EFD und des BJ zusammensetzt», sagt Sprecher Galli. «Der oberste Kader ist jedoch nicht vertreten.» Die Gruppe kam am Donnerstag in Washington an, traf sich am Freitag mit dem US Department of Justice und flog am selben Abend in die Schweiz zurück. Vom EFD reiste Jürg Giraudi mit, der Leiter der Abteilung für Internationales der Eidgenössischen Steuerverwaltung. Für die EBK ging Urs Zulauf, Chef des Rechtsdienstes. Rudolf Wyss vertrat das Bundesamt für Justiz.
«Höchste Wichtigkeit» räumt John Coffee dem Treffen in Washington ein. Gemäss dem Rechtsprofessor und Bankenexperten der Columbia University hängt davon ab, ob die laufenden Ermittlungen gegen die UBS in den USA zu einer Anklage führen oder nicht.
Von offizieller Seite war über die Inhalte der Gespräche nichts zu erfahren. Coffee glaubt zu wissen, was besprochen wurde. «Die Amerikaner haben den Schweizern klar gemacht, dass es nur einen Weg gibt, um eine Anklage gegen die UBS zu verhindern», sagt er. «Die Bank muss die Namen aller US-Bürger preisgeben, denen ihre Mitarbeiter halfen, Gelder in Offshore-Gesellschaften zu verstecken.» Dann, glaubt Coffee, «ist für die UBS der Fall vom Tisch.» Die Bank kann einen Vergleich eingehen und eine Busse zahlen, ohne eine Schuld einzugestehen. Zumal die US-Ankläger und die US-Steuerbehörde weder generell an der UBS noch am Schweizer Bankgeheimnis interessiert seien, sagt Coffee. «Sie wollen zuallererst amerikanische Milliardäre überführen, die Schweizer Banken nutzen, um ihre Gelder zu verstecken.»
Die UBS scheint zu kooperieren. Es sei «nicht im Interesse der Bank oder des Bankenplatzes, Betrug zu schützen», heisst es aus Bankenkreisen. «Umgehend Informationen bereitstellen» will die UBS gemäss offizieller Verlautbarung, wenn bei Fällen der Verdacht bestünde, «dass US-Kunden Offshore-Gesellschaften in Drittstaaten ausserhalb der Schweiz und der USA gegründet haben, um indirekt US-Wertschriften und andere Vermögenswerte zu halten.»
Der vorsichtig formulierte Satz ist so zu deuten: Um Bankgeheimnis und somit den Schweizer Bankenplatz zu retten, liefert die UBS demnächst US-Kunden sowie eigene Mitarbeiter an den amerikanischen Pranger, die mit Hilfe der Schweizer Bank Steuerbetrug begangen haben. Das ist ohne Verletzung schweizerischen Rechtes möglich, da das Bankkundengeheimnis «Betrug und dergleichen» nicht schützt.
Eher zum Nebenschauplatz gerät der Fall Bradley Birkenfeld. Der ehemalige UBS-Banker hat am Donnerstag vor Gericht in Flordia gestanden, US-Kunden bei Steuerbetrug geholfen zu haben. Sein Strafmass wird im August festgesetzt. «Die US-Behörden wissen von Birkenfeld alles, was sie wissen wollen», sagt Professor John Coffee.
Eine mildere Strafe als üblich erwartet der in Boston beheimatete, oft internationale Fälle spezialisierte US-Anwalt Jonathan O’Brien. «Birkenfeld hat vor Gericht ausdrücklich sein Bedauern ausgesprochen und gesagt, er sei sich bewusst gewesen, betrogen zu haben. Solches Verhalten belohnen US-Richter.» Das demütige Gebaren deute auf einen «fertigen Deal» zwischen Anklage und Birkenfeld, sagt O’Brien. Zum Deal gehörten Namen. O’Brien erwartet, dass Birkenfeld ein paar «biggies» nennen werde. «Je grösser der Fisch ist, denn die Amerikaner frittieren, desto eher können sie ein Exampel gegen Steuerbetrug statuieren, desto besser kommt Birkenfeld weg.»