UBS sucht Deal mit US-Behörden

Mit einer Task Force will die UBS das Verfahren in den USA wegen Beihilfe zur Steuerflucht möglichst rasch hinter sich bringen. Währenddessen trägt einer ihrer Banker in Florida eine elektronische Fussfessel.

Von Peter Hossli

Gemäss «Sonntag»-Recherchen hat die UBS eine Taskforce eingesetzt, welche die Bank in den USA aus den Schlagzeilen bringen soll. Damit will sie einem langjährigen und geschäftsschädigenden Rechtshilfeverfahren zwischen den USA und der Schweiz zuvor kommen. «Speed is key», sagt eine gut informierte, in der Schweiz lebende Person. «Schnelligkeit hat Vorrang», nicht Kosten. Demnach würden US- und Schweizer Behörden sowie eine Anzahl von UBS-Anwälten in geheimen Verhandlungen nach einer möglichst raschen Lösung suchen, bei der das Bankgeheimnis intakt bliebe.

Aus gutem Grund – das Verfahren gegen den Ex-Angestellten Bradley Birkenfeld in Florida ist für die UBS zum Image-Desaster geworden. Birkenfeld hat ein Geständnis angekündigt, dem UBS-Kunden und Immobilien-Tycoon Igor Olenicoff geholfen zu haben, hunderte von Millionen Dollar am US-Fiskus vorbeizuschleusen. Nun fürchtet die UBS, Birkenfeld gebe in der Hoffnung auf Strafmilderung die Namen reicher Amerikaner mit Schweizer UBS-Konten preis.

Mit der Kundenliste könnten amerikanische Ermittler in Bern ein Rechtshilfegesuch stellen und Finanzdaten von Bankklienten einfordern. «Wir sind wie bereits wiederholt gesagt bereit, auf rechtlicher Basis mit den USA zusammen zu arbeiten», sagt die Sprecherin der Schweizer Botschaft in Washington, Emilija Georgieva. «Bis jetzt ist aber kein Gesuch auf Amts- oder Rechtshilfe eingetroffen.» Geht ein solches ein, beurteilt das Bundesamt für Justiz, ob die Schweiz Rechtsbeistand leisten wird. Allerdings hilft sie nicht in jedem Steuerfall. «Liegt Steuerbetrug vor, leisten wir Rechtshilfe, bei Steuerhinterziehung aber nicht», sagt der Sprecher des Bundesamtes für Justiz, Folco Galli.

Um jeden Preis möchte die UBS jedoch ein Aufsehen erregendes Rechtshilfeverfahren verhindern, ergeben «Sonntag»-Recherchen. Es würde sich über Jahre hinziehen. Das Bankgeheimnis könnte untergraben, wenn nicht gefährdet werden. Bereits jetzt schreibt die UBS fast täglich negative Schlagzeilen in US-Medien. Dem Finanzplatz Schweiz droht die Abwanderung. Umso gezielter arbeitet die UBS auf eine eilige Lösung hin. Nebensächlich scheinen dabei die Kosten. Federführend, heisst es, seien US- und Schweizer Behörden.

Gegenüber «Sonntag» wollte die UBS dazu nicht Stellung nehmen. «Wir verfolgen den Fall aufmerksam und analysieren die Entwicklung laufend», sagt der Sprecher des Eidgenössischen Finanzdepartements, Dieter Leutwyler. «Die UBS informiert uns laufend, wir stehen in Kontakt mit dem Department of Justice.»

Wie die Lösung aussieht, hängt vom Umfang der Vergehen ab. Während Birkenfeld wahrscheinlich ins Gefängnis muss, haben die Ermittler noch immer Mühe, der UBS konkrete Straftaten zu unterstellen, sagt eine in den USA lebende Person, die dem Fall nahe steht, aber anonym bleiben will «Bisher ist es den US-Behörden nicht gelungen, eine systematische Beihilfe der UBS zum Steuerbetrug festzustellen». Kann die Anklage ein System aufzeigen, hätte die UBS ein Abkommen aus dem Jahr 2000 mit der US-Steuerbehörde verletzt.

Die Bank käme um eine Strafanzeige nicht herum. Die Folgen wären schwerwiegend. «Die Anklage braucht ein Dutzend Banker, die ähnlich handelten wie Birkenfeld», sagt die Person. Sind es nur zwei oder drei, liegt eine – weit weniger gravierende – Verletzung der Aufsichtspflicht vor. Die UBS käme mit einer Busse weg. «Es ist kaum vorstellbar, dass die UBS-Spitze ein Geschäftsmodell bejaht, bei dem Steuergesetze in anderen Ländern systematisch verletzt werden», sagt ein US-Mitarbeiter der UBS, der nicht namentlich zitiert werden will. «Wir werden ständig angehalten, bei der Risikoabschätzung extrem konservativ zu agieren.»

Am wahrscheinlichsten scheint daher, dass die UBS ein so genanntes Deferred Prosecution Agreement akzeptiert, sagt der Rechtsprofessor der Columbia University und Bankenfachmann John Coffee. «Ohne eine Schuld einzugestehen muss die Bank voll kooperieren, allenfalls eine Busse zahlen und Beweise zu irregulärem Verhalten von Angestellten offen legen.» Damit, vermutet Coffee, könnten weitere einzelne UBS-Banker, nicht aber die UBS angeklagt werden. Um den Fängen der Justiz zu entkommen, müsste die UBS Banker opfern, die sich nicht an Geschäftsgebaren halten.

Welche Banker allenfalls mit Anklagen rechnen müssen, hängt nicht zuletzt von Aussagen von Martini Liechti ab, dem Leiter der Abteilung Wealth Management International bei der UBS. Er wurde Ende April bei der Einreise in Miami festgenommen und der Obhut des US-Justizdepartments übergeben. Seither trägt er eine elektronische Fussfessel, ein schwarzes Gerät, das optisch an surrende Pager aus den neunziger Jahren erinnert. Nonstop sendet es Standortsignale über das Mobiltelefonnetz. Mit einem elastischen Band ist es am Knöchel Liechtis festgeschnürt. «Dank der Fessel weiss das US-Justizdepartment Tag und Nacht, wo Liechti sich aufhält», sagt ein US-Mitarbeiter der UBS.

Mitarbeit: Florence Vuichard