“Unser Image ist jämmerlich”

Der amerikanische Immobilientycoon Donald Trump über die Finanzkrise, die Löhne von Managern, seine Abscheu für George W. Bush und warum Armut ungesund ist.

Interview: Peter Hossli

trump.jpgMister Trump, die amerikanische Wachstumsmaschine stottert. Wie steht es um die US-Wirtschaft?
Donald Trump: Wir haben grosse Probleme. Es kann also nur besser werden. Ich bin aber optimistisch. Da alles zyklisch verläuft, werden die Wirtschaft wie der Immobilienmarkt wieder ins Lot geraten.

Beim Immobilienmarkt deutet vieles auf eine längere Krise hin. Wie wirkt sich das Ende des Häuserbooms auf Ihr Geschäft aus?
Trump: Mir geht es gut. Das Luxussegment ist nicht übermässig betroffen. Unlängst habe ich im Trump World Tower beim UN-Gebäude in New York eine Wohnung für 34 Millionen Dollar verkauft. Mein Wohnturm in Waikiki auf Hawaii war innerhalb von fünf Stunden ausverkauft – ein persönlicher Rekord. Mein neuer Turm in Chicago gilt als bestes Hotel der USA. Mein eben eröffneter Turm in Las Vegas war verkauft bevor er gebaut war. Ich expandiere weltweit. Das wirtschaftliche Klima in Panama oder in Dubai ist ebenfalls gut für mich.

Sie expandieren nach Mittelamerika und in den Nahen Osten. Warum nicht nach Europa?
Trump: Ich baue demnächst einen Golfplatz in Schottland.

Schottland? Wir dachten eher an Kontinentaleuropa.
Trump: Schottland passt doch hervorragend zu mir – ich bin ein halber Schotte, mag Golf und baue gerne Golfplätze.

Und wann eröffnen Sie einen Trump Tower in Genf oder in Zürich?
Trump: Genf und Zürich sind ausserordentlich schöne Städte. Hoffentlich wird in beiden eines Tages ein Trump Tower thronen. Wir expandieren global mit der Trump Hotel Collection. Da wir jeden Standort genau evaluieren, braucht das seine Zeit. Ich hoffe, dass wir die Schweiz ebenfalls berücksichtigen werden.

chicago.jpgSie malen ein rosiges Bild, obwohl auch Häuser von Ihnen leer stehen. Nach jahrelang steigenden Preisen stagnieren und fallen sie. Wie gehen Sie die Krise an?
Trump: Jeder Markt bietet Gelegenheiten. Ist das Umfeld schwieriger, muss man härter arbeiten. Wer kreativ agiert, kann gerade jetzt viel Geld verdienen. Der Markt in New York ist nach wie vor sehr stark. Luxuswohnungen verkaufen sich glänzend, egal was passiert.

Weil Manager von Hedge Funds oder Konzernchefs von Finanzhäusern sie kaufen. Bis zu drei Milliarden Dollar verdienten Finanzverwalter letztes Jahr. Es gibt CEOs, die jährlich 100 Millionen Dollar kassieren. Ist das Gier?
Trump: Es kommt darauf an. Stimmt der Gewinn, haben Firmenchefs Anrecht auf eine angemessene Entschädigung. Viele fürstlich bezahlte CEOs liefern glänzende Resultate ab.

Dann ist Gier gut?
Trump: Gier hat ein negatives Image. Geht es um Geld, ist mehr aber stets besser als wenig. Armut ist weder angenehm noch gesund.

Zwei Millionen US-Familien verloren 2007 ihr Haus. Dieses Jahr werden es noch mehr. Die Kreditkrise bedroht den finanziellen Haushalt der USA. Wen beschuldigen Sie für die Misere?
Trump: Präsident George W. Bush und seine Wirtschaftspolitik. Bush ist eine Katastrophe. Die Kreditkrise ist nur ein Beispiel seiner miserablen Führungsqualitäten. Auch der Krieg in Irak ist ein Desaster. Bush hat als Präsident nichts Positives getan, weder für Amerika noch für die Welt.

Wie hat sich die USA unter ihm verändert?
Trump: Amerika ist nicht in guter Verfassung. Bush hat nichts getan, um das Land zu verbessern. Im Gegenteil, er hat es verschlechtert. Unser Image in der Welt ist jämmerlich – grösstenteils wegen ihm.

Kurz nach 9/11 war Bush einer der beliebtesten Präsidenten der US-Geschichte, jetzt ist er einer der unbeliebtesten. Warum?
Trump: Weil die Leute endlich begreifen, wie unfähig er tatsächlich ist.

Wo liegen Ihre politischen Sympathien?
Trump: Ich wähle den besten Kandidaten, nicht die Partei.

1999 überlegten Sie sich ernsthaft, für das Weisse Haus zu kandidieren. Warum gaben Sie den Plan auf?
Trump: Ich wurde gefragt, ob ich kandidieren wolle. Das ehrte mich, und ich habe es mir tatsächlich überlegt. Dann sah ich ein, dass ich zu ehrlich bin für die Politik. Ich rede nie zweideutig. Zudem mag ich mein Geschäft. Ich möchte es nicht allein lassen.

Es ist Wahljahr in den USA. Was muss die Person tun, die im Januar im Weissen Haus einzieht?
Trump: Zuerst muss sie uns auf dem best möglichen Weg aus dem Irak führen. Dann müssen wir unser Land vereinen, die Wirtschaft stärken und die Ausbildung verbessern.

Anfänglich sah es nach einem New Yorker Duell ums Präsidentenamt aus. Sie als New Yorker unterstützten den einstigen Bürgermeister Rudolph Giuliani, nicht Senatorin Hillary Clinton. Haben Sie Angst vor starken Frauen?
Trump: Ich mag mächtige Frauen. Frauen sind ebenso intelligent oder intelligenter noch als Männer. Sie sind kompetent und haben sehr viel Geduld, nicht zuletzt weil es für sie schwieriger ist, ernst genommen zu werden. Sie müssen mehr leisten als Männer. Hillary Clinton ist eine sehr intelligente Frau.

dubai.jpgDas 21. Jahrhundert wird oft als asiatisches Jahrhundert bezeichnet. Amerika, sagen Prognostiker, verliere an Einfluss. Was muss die USA tun, damit sie in zehn Jahren noch die mächtigste Nation der Welt ist?
Trump: Eine Persönlichkeit mit Führungsqualitäten muss ins Weisse Haus. Das wäre ein guter Anfang. Dann müssen wir unsere Ausbildung verbessern, insbesondere wenn es um das finanzielle Wissen geht. Lesen Sie mein Buch «Why We Want You To Be Rich». Ich habe es vor zwei Jahren geschrieben, es hat sich als sehr vorausblickend erwiesen.

Alle paar Monate veröffentlichen Sie ein Buch, dessen Titel eigentlich schon alles sagt. Ihr neustes heisst «Never Give Up». Warum geben Sie nie auf?
Trump: Ich will Erfolg haben im Leben. Nie aufzugeben ist das beste Rezept für Erfolg. Damit gelangt man auf Augenhöhe mit den Problemen, die man meistern muss. Es beseitigt jegliche Angst. Wer angstfrei ist, kann mit voller Wucht tun, was er tun muss. Wer aufgibt, gewinnt nie. Wer gewinnt, gibt nie auf.

Zuvor publizierten Sie das Buch «Think Big and Kick Ass». Wie denkt man weitsichtig?
Trump: Wer sich schon die Mühe macht nachzudenken, soll das bitte anständig tun und weitsichtig denken. Ich habe stets vorausschauend und weit reichend gedacht. Das entspricht meinem Naturell. Als kleiner Junge baute ich mit meinen Bauklötzen immer nur Wolkenkratzer.

Wie denkt man weitsichtig?
Trump: Man denkt zusammenhängend. Was ist der nächste logische Schritt? Und was ist der Schritt danach? Just geschieht alles von selbst.

Und wie treten Sie anderen in den Hintern?
Trump: Indem ich mit voller Wucht voranschreite. Ich strebe danach, ständig erfolgreich zu sein. Habe ich Erfolg, fühle ich mich unschlagbar mächtig. Das passierte natürlich nicht einfach so. Es dauerte ein paar Jahre oder noch länger bis ich an diesem Punkt war. Wichtig ist, dass man sich Ziele setzt und die gesamte Energie aufbringt, um diese Ziele zu erreichen. Dann wird man immer mächtiger.

Sie reden wie ein General. Sie haben eine Militär- und eine Wirtschaftschule besucht. Welche Ausbildung hat Sie besser aufs Geschäftsleben vorbereitet?
Trump: Die Mischung aus Militär und Wirtschaft ist grandios. Die Militärschule verlieh mir die nötige Disziplin, an der Wirtschaftsschule erwarb ich das nötige Wissen. Am meisten lernte ich aber von meinem Vater, er war mein Mentor.

Wie hat er Sie gefördert?
Trump: Mein Vater gab mir meinen ersten Job, was sehr glücksverheissend war. Er gab mir ein grossartiges Vorbild ab. Er war ein disziplinierter Geschäftsmann mit Prinzipien.

Was haben Sie von Ihrem Vater gelernt, das für Sie noch heute wichtig ist?
Trump: Er hat mich gelehrt, «alles Mögliche über das zu wissen, was du tust». Das ist ein grossartiger Ratschlag. Mein Vater war sehr sorgfältig und genau. Ich bin es ebenso.

Was ist der wichtigste Rat, den Sie für Ihre Karriere je gekriegt haben?
Trump: Mein Vater befolgte ein 4-Punkte-Rezept: «Geh rein, handle, handle richtig, geh wieder raus.» Dieses Rezept befolge ich resolut. Ich handle rasch, ich weiss, was ich tue, und ich gehe schnell zum nächsten Projekt. Wer diesem Prinzip folgt, erreicht einiges.

Es gibt Manager, die halten sich an ihr MBA-Wissen, andere führen Firmen ohne Abschluss. Wie treffen Sie Entscheide?
Trump: Meist vertraue ich meinem Bauch. Damit bin ich sehr gut gefahren. Mein Instinkt liegt üblicherweise genau richtig. Visionäre Menschen gestalten die Welt oft nach dem Gefühl im Bauch um. Das ist bei mir nicht anders.

Wie informieren Sie sich?
Trump: Ich lesen sehr viel, täglich verschiedene Zeitungen, dazu Magazine. Ausserdem schaue ich die Nachrichten am Fernsehen.

Der Printjournalismus darbt. Trotzdem haben Sie unlängst das Luxusmagazin «Trump Magazine» lanciert. Warum?
Trump: Der Luxusmarkt läuft glänzend. Mein Magazin ist wunderschön, deshalb wird es Erfolg haben.

Mit der TV-Sendung «The Apprentice» hatten Sie bereits Erfolg mit Medien. Was fasziniert Sie am Mediengeschäft?
Trump: Anfänglich hat es mich überhaupt nicht interessiert. Aber der Fernsehproduzent Mark Burnett war davon überzeugt, dass «The Apprentice» dank mir ein Erfolg werden könnte. Ich war auf das Lernerlebnis erpicht. Seit ich meine eigene Show habe, habe ich sehr viel über das Fernsehen und die Unterhaltungsindustrie gelernt.

«The Apprentice» ist eine Sendung über Wirtschaft. Am Fernsehen fristet Wirtschaft ein Schattendasein. Warum erzielte «The Apprentice» hohe Quoten?
Trump: Es macht den Leuten Spass, mir bei der Arbeit zuzusehen.

«You’re fired» ist das Markenzeichen von «The Apprentice». Wissen Sie überhaupt, wie es sich anfühlt, wenn man entlassen wird?
Trump: Nein, ich bin noch nie entlassen worden. Aber meine weltweite Popularität stieg rasant an, nachdem ich im Fernsehen angefangen hatte, Leute zu feuern.

Treten Sie in TV-Talkshows auf, steigen die Quoten. Warum?
Trump:
Ich bin berühmt, und ich bin ehrlich. Die Leute wissen, dass ich die Wahrheit sage. Sie wollen wissen, was ich gerade mache und worüber ich nachdenke.

Neben dem Immobiliengeschäft und Ihrer Medienarbeit sind Sie Mitbesitzer der Miss Universe Organization. Sie küren die schönste Frau der USA, der Welt, dazu führen Sie Schönheitswettbewerbe für Teenager durch. Warum sind Sie besessen von Schönheit?
Trump: Schönheit ist subjektiv. Was in einer Kultur als schön gilt, wird in der anderen verabscheut. Deshalb ist Schönheit so interessant.

Was erachten Sie als schön?
Trump: Eleganz ist schön. Sie kommt von innen und dringt nach aussen. Eleganz ist universell.

Was tun Sie, wenn Sie mal nicht arbeiten?
Trump: Ich verbringe Zeit mit meiner Familie und ich spiele Golf. Da ich etliche Golfplätze besitze, begutachte ich sie, während ich spiele. Insofern ist auch das Arbeit.

Wie finden Sie Zeit für Ihre Familie?
Trump: Meine Freizeit gehört ganz meiner Familie. Jeden Tag verbringen wir kostbare Zeit mit einander.

Sie haben fünf Kinder mit drei Frauen. Was sollen Ihre Kinder von Ihnen lernen?
Trump: Alles, was sie lernen können. Sie sind diszipliniert, gut ausgebildet, und sie haben die Welt bereist. Das ist ein guter Start. Meine Ansprüche sind sehr hoch, deshalb werden auch sie Erfolg haben.

Wie definieren Sie Erfolg?
Trump: Erfolg hat, wer das gut macht, was er gerne tut.

Sie sind mehrfacher Milliardär. Was bedeutet Ihnen Geld?
Trump: Geld ist für mich ein Massstab meines Erfolges. Mittlerweile bin an einem Punkt angekommen, wo es nicht mehr ums Geld geht, sondern um die Qualität der Deals, die ich zustande bringe.

John F. Kennedy war bekannt dafür, dass er nie Geld in der Tasche hatte. Wie viel Bargeld tragen Sie auf sich?
Trump: Ein paar hundert Dollar.

vegas.jpgZu Beginn der neunziger Jahre sind Sie beinahe Bankrott gegangen. Wie haben Sie die Kehrtwende geschafft?
Trump: Ich bin positiv und hartnäckig geblieben. Es ging damals vielen Leuten schlecht, nicht nur mir. Mein Motto hiess «Überleb bis ‘95», was mir geglückt ist.

Was treibt Sie an?
Trump: Die Herausforderung, einen Deal zustande zu bringen, der etwas verändert. Das ist ein ziemlich anspruchsvolles Ziel.

Bill Gates und Warren Buffett verschenken ihre Milliarden, um die Welt zu verbessern. Was tun Sie, um etwas zu verändern?
Trump: Meine Projekte haben die Städte verbessert, in denen sie entstehen. Der Name Trump wird auch nach meinem Tod gleichbedeutend sein mit höchster Qualität und mit ungewöhnlich schönen Gebäuden.

Warum schreiben Sie ihren Namen mit Goldbuchstauben auf ihre Gebäude?
Trump: Ich sehe meinen Namen gerne auf Dingen, das gebe ich zu. Dabei geht es mir aber nie um geistlosen Grössenwahn. Ich bin ein Bauunternehmer und habe eine umfangreiche Sicht auf die Dinge.

Was ist das grösste Missverständnis, dass die Leute über Sie haben?
Trump: Ich bin wahrscheinlich viel netter als viele denken.

Gegensätze

Erste Klasse oder Privatjet? «Ich ziehe den Privatjet vor, da er mir mehr Annehmlichkeiten beschert, und da er flexibler ist.»

Chauffeur oder selber fahren? «In der Stadt lasse ich mich herumfahren, der Chauffeur soll den Parkplatz suchen. Gehe ich auf einen Golfplatz, bin ich in Kalifornien oder Florida, dann fahre ich gerne alleine.»

Queens oder Manhattan: «Ich wuchs in Queens auf, meine Vater baute in Queens, er ging nie nach Manhattan. Ich musste mir eine eigene Nische suchen und wollte hoch hinaus. Manhattan ist der Ort, wo alles passiert. Dort stehen die Wolkenkratzer.»

Biografie

Donald Trump, im Juni 62-jährig, gilt als Inbegriff der amerikanischen Erfolgsgeschichte. Einer, der es von der Pike zum Milliardär und Immobilientycoon geschafft haben soll. So stimmt das allerdings nicht. Trump wurde in eine Immobilienhandels-Familien geboren. Sein Vater Fred Trump baute und verwaltete in den Stadtteilen Queens, Brooklyn und Staten Island Mietwohnungen. Fünf Jahre lange arbeitete Sohn Donald für ihn. In den siebziger Jahren begann er, in Manhattan Grossprojekte zu realisieren, mit geliehenem Geld von Banken und der Stadt. 1982 baute er an der Fifth Avenue in New York den Trump Tower, ein Gebäude, das zum Markenzeichen wurde: Mit goldenen Lettern prangt sein Name über dem Eingang. Das Design des Hochhauses schwankt zwischen Kitsch und Glamour. Zu Beginn der neunziger Jahre brachen die Immobilienpreise ein. Eine persönliche Schuldenlast von 900 Millionen Dollar sowie Geschäftschulden von 3,5 Milliarden trieben ihn 1994 beinahe in den Bankrott. Das Geld der Internet-Blase rettete ihn. Dutzende von Gebäude, Casinos und Golfplätze tragen heute Trumps Name. «Forbes» schätzt sein Privatvermögen auf drei Milliarden Dollar. 2004 trat Trump in der NBC-Reality-Show «The Apprentice» auf. Trump spielt darin sich selbst, ein egomanischer Unternehmer, der jede Woche einen Kandidaten entlässt. Der Satz «You’re fired» wurde zum Markenzeichen. Die Sendung verbuchte Rekordeinschaltquoten, was Trump einen Stern auf dem Walk of Fame in Hollywood bescherte. Trump hat fünf Kinder aus drei Ehen. Zu seinem egozentrischen Wesen gehört eine Phobie vor Mikroben und deshalb vor dem Handschlag. «Der Handschlag ist ein barbarischer Akt», sagt er in einem Interview mit «Time».