Ein Mann von Welt

Als Bub in Frankreich spielte er Fussball. In den USA wurde Tony Parker inzwischen zu einem der grössten Basketballer der Gegenwart.

Von Peter Hossli

tony_parker_hossli.jpgEtwas klein geraten für einen Basketballspieler ist Tony Parker. Gerade mal 1,88 Meter misst der Point Guard der San Antonio Spurs. Und doch ist er einer der grössten Athleten der Gegenwart. Letzten Frühling gewann sein Team die Meisterschaft der amerikanischen Basketballliga NBA .Für Parker, eben 25 geworden, war es bereits der dritte Titel. Er selbst wurde zum wertvollsten Spieler der Playoffs gekürt, was «schlicht fantastisch ist», sagt Parker.

Lässig sitzt er auf dem schwarzen Ledersofa eines Fotostudios in New York, trägt blaue Jeans und ein schwarzes T-Shirt. Er ist die Coolness in Person. « Von nun an werde ich in einem Atemzug mit Michael Jordan und Magic Johnson genannt.» Trotz knapp bemessener Körperlänge? Die hätte nie eine Rolle gespielt, sagt Parker. «Ich finde immer einen Weg, um gut zu spielen.» Keiner drängt aggressiver zum Korb, niemand ist flinker, trickreicher, origineller auf dem Court als er. «Mich treibt nur eines an», sagt Parker, «ich will der Beste sein.» Er streicht sich über den rasierten Schädel und strotzt vor Selbstbewusstsein. «An dem Tag, an dem ich mich nicht mehr verbessern mag, höre ich auf.»

Ursprünglich wollte er Tore schiessen, nicht Körbe werfen. Parker, der ausserhalb von Paris aufwuchs, spielte als Knabe Fussball in der Position des Mittelstürmers. Seine schlanke Postur und der schnelle Antritt erinnern an Thierry Henry, nicht an Shaquille O’Neal. Zum Basketball liess er sich von Michael Jordan hinreissen. Nachts am Fernsehen sah er dessen phänomenalen Dunks und Shot Jumps. Schnell merkte sich der kleine Tony Jordans Technik und Finten. « Jordan ist noch immer mein Vorbild», sagt er, «auf und neben dem Platz.» Wie sein Idol will er als «einfacher und zugänglicher Typ» gelten. Sportlich, da sei er «meilenweit von Jordan entfernt», sagt Parker.

Einen Vorteil hat er. Parker ist ein Mann von Welt. Sein Vater ist Amerikaner, seine Mutter Holländerin. Geboren wurde er in Belgien; er wuchs in Chicago und Frankreich auf. «Ich bin in zwei Kulturen gross geworden und nehme mir von beiden Welten das Beste», sagt Parker. Zwei Jahre lang spielte er in der französischen Liga. 2001 zogen ihn die texanischen Spurs beim Draft, dem theatralisch inszenierten Auswahlverfahren der N B A. Als Heimat bezeichnet er die USA und Frankreich. Er sei Europäer, weil «ich tief verwurzelt bin und nichts als selbstverständlich nehme; ich werde nicht überheblich und lasse mich nie aus der Ruhe bringen». Sein Selbstvertrauen, die mentale Stärke und die stets positive Grundhaltung schreibt er der amerikanischen Seite zu. Woher seine Schwäche kommt, weiss er nicht. Wo sie liegt, ist ihm klar: «Ich bin ein Dickkopf.»

Langeweile unterstellen ihm und den San Antonio Spurs zuweilen die amerikanischen Sportjournalisten. Hervorragend zwar würden sie spielen, dem Team mangle es aber an Ecken und Kanten, fad statt frech trete es auf. «Solange wir öfters Titel gewinnen, ist mir das egal», sagt Parker, aufs Saubermann-Image angesprochen.

Er legt Wert auf das Leben neben dem Court. Als Botschafter der «Make a Wish»-Stiftung sammelt er Geld für chronisch kranke Kinder. Nach dem Ende seiner Sportkarriere will er sich als Rap-Musiker versuchen – und seiner Gattin ins Showgeschäft folgen. Pompös heiratete Parker Anfang Juli in einem Schloss bei Paris die Schauspielerin Eva Longoria («Desperate Housewives»). Dass er nun von noch mehr Paparazzi umgeben ist, kümmert ihn nicht. «Hey, es bleibt mir keine andere Wahl, als mich daran zu gewöhnen.»